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Trierer Missbrauchsstudie belastet Bischöfe

Versäumnisse bei sexuellem Missbrauch wirft ein Bericht von Historikern dem früheren Trierer Bischof Marx und dem amtierenden Bischof Ackermann vor. In den vergangenen Jahren sei aber vieles besser geworden.

Ein neuer Bericht zu sexuellem Missbrauch im Bistum Trier belastet den amtierenden Bischof Stephan Ackermann und seinen Vorgänger Reinhard Marx. Marx war von 2002 bis 2008 Trierer Bischof und ist heute Erzbischof von München und Freising. 2010 wurde er zum Kardinal ernannt.

Beide Bischöfe hätten nicht alles getan, um Missbrauchsfälle transparent aufzuklären, lautet das Fazit der am Donnerstag in Trier präsentierten Studie. Im Untersuchungszeitraum bis 2021 wurden im Bistum 37 Beschuldigte (21 unter Marx, 16 unter Ackermann) ermittelt und mindestens 59 Betroffene (35 unter Marx, 24 unter Ackermann).

Kritisch sehen die Autoren besonders die Zeit unter Bischof Marx: Bei der Fürsorge für die Betroffenen lasse sich “lediglich das Versagen der Bistumsleitung konstatieren”. Die Anzeige- und Informationspflicht gegenüber Staatsanwaltschaft und übergeordneten Kirchenbehörden sei vernachlässigt worden. “Ein selbstkritischer Blick auf die eigenen kirchlichen Strukturen fehlte”, schreiben die Wissenschaftler.

Eine “routinierte Form der Kommunikation zwischen den örtlich zuständigen Staatsanwaltschaften und dem Bistum hinsichtlich der Meldung von bekanntgewordenen Fällen sexualisierter Gewalt” habe sich erst nach 2010 entwickelt. Die Zeit unter Bischof Ackermann zwischen 2010 und 2021 sehen die Forscher insofern positiver. Der Umgang der Bistumsverwaltung mit Fällen sexualisierter Gewalt sei professionalisiert worden. Ackermann sei bei allen neuen Fällen an der Bearbeitung beteiligt gewesen.

Auch darüber hinaus gebe es positive Entwicklungen. So sei die Zahl betroffener Kinder und Jugendlicher im Untersuchungszeitraum deutlich gesunken. Das Risiko für Kinder in der katholischen Kirche, Opfer sexueller Übergriffe zu werden, habe sich in den zurückliegenden drei Jahrzehnten halbiert.

Kardinal Marx räumte Fehler im Umgang mit Missbrauchsfällen ein. Er erklärte am Donnerstag in München: “Ich war sehr gerne Bischof von Trier. Umso mehr schmerzt es mich, dass ich erkennen muss, in dieser Verantwortung nicht allen Menschen gerecht geworden zu sein, die meiner bischöflichen Sorge anvertraut waren.” Mit dem Wissen von heute würde er manches anders machen. “Das bedauere ich tief und bitte die Menschen um Verzeihung, denen ich nicht gerecht geworden bin.”

Auch Bischof Ackermann reagierte auf den Bericht und sagte: “Ich kann nur um Verzeihung bitten für das, was ich oder meine Mitarbeitenden Betroffenen sexualisierter Gewalt in unserem Bistum durch unser Handeln oder Nichthandeln an neuen Verletzungen zugefügt haben.”

Der 139-Seiten-Bericht benenne “die Fehler, die wir gemacht haben”, so Ackermann. Die Studie, in der auch die Jahre seiner Amtszeit seit 2009 bis 2021 untersucht wurden, zeige großes Leid der Betroffenen, die Folgen des Missbrauchs und einen “teils nicht angemessenen Umgang damit vonseiten der Verantwortlichen im Bistum”.

Auch der aktuelle Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz kommt in dem Bericht vor: Georg Bätzing war von 2012 bis 2016 Generalvikar in Trier, bevor er Bischof von Limburg wurde. Er sei in sechs Fällen involviert gewesen, und zwar “in der im Vergleich ruhigeren Phase der Aufarbeitung”. In Bätzings Zeit sei “eine erste, noch nicht institutionalisierte Form des Krisenstabes” eingerichtet worden, der sich jedoch nur bei Bedarf getroffen habe.

Systematische Fehler finden sich laut Studie in den Amtszeiten von Marx wie von Ackermann: “Die Fürsorgepflicht für die Täter wurde höher gewichtet als das öffentliche Sicherheitsbedürfnis”, bilanzieren Historiker der Universität Trier in ihrem Bericht. Sie sprechen generell von Versäumnissen in der Personalführung.

Den Bischöfen werfen sie mangelnde Transparenz vor: “Vielfach übernahmen die Medien die Aufklärung, die das Bistum hätte leisten müssen.” Eine unzureichende Aktenführung und Informationsweitergabe werden ebenfalls kritisiert.