Tragendes Netz

Darüber, was unser Miteinander trägt, schreibt, Katja Hose. Sie ist Pastorin im Frauenwerk der Nordkirche.

Edler von Rabenstein / Fotolia

Der Predigttext des folgenden Sonntags lautet: „Obwohl es so viele waren, zerriss das Netz nicht.“ aus Johannes 21,1-14

Vielfalt und Fülle, die von einem tragenden Netz gehalten wird – für mich ein positives Bild! Thomas, ein Freund von Jesus, war ungehalten. Die anderen Jüngerinnen und Jünger hatten den auferstandenen Jesus schon gesehen. Er war nicht dabei gewesen, konnte es nicht glauben. Doch Thomas lernt, neu zu sehen und zu vertrauen, indem er Jesus begegnet. Dieser ist gezeichnet von den Wunden der Gewalt und des Todes und zugleich lebendig. Thomas begreift: Das Netz der Beziehung ist durch den Tod nicht zerrissen!

Einige Zeit später fahren sie zum Fischfang auf den See. Thomas ist dabei. Erfolglos kehren sie mit leerem Netz ans Ufer zurück. Da steht einer und macht ihnen Mut. Sie vertrauen und starten einen neuen Versuch. Diesmal gehen sie nicht leer aus. Obwohl es so viele Fische waren, zerriss das Netz nicht. Diese Fülle öffnet ihnen die Augen für den, der da am Ufer steht: Jesus, der Lebendige. Thomas hat gelernt, neu zu sehen und zu vertrauen. Aus der Leere wird Fülle, das Netz trägt.

Neue Perspektiven

Zu neuen Perspektiven fordert auch der bundesweite Evangelische Frauensonntag 2021 auf. Der Auftakt-Gottesdienst wird an diesem Sonntag um 10 Uhr auf NDR Info und WDR 5 übertragen. „In den Tagen Jaels“ – so der Titel – war das tragende Netz menschlicher Gemeinschaft zerrissen: Kriegerische Handlungen und Vergewaltigung standen auf der Tagesordnung. Zwei Frauen – Debora und Jael – setzen der Gewaltherrschaft ein Ende. Klug und entschieden handeln sie im Auftrag Gottes und schrecken nicht davor zurück, ihre Macht zu nutzen.

Diese biblische Erzählung fordert dazu heraus, über das Netz, das unser Miteinander trägt, neu nachzudenken. Geschlechtliche und kulturelle Vielfalt ist im Zusammenleben positiv zu sehen. Diese Fülle bringt das soziale Netz nicht zum Zerreißen – im Gegenteil. Jesus hat das mit seinem Leben bezeugt. Thomas lernte in der Begegnung mit Jesus neu zu sehen: Fülle statt Leere, Leben statt Tod. Wir können das auch. Vertrauen schenkt ein tragendes Netz für alle.

Unsere Autorin
Katja Hose ist Pastorin und Referentin für Feministische Theologie und Spiritualität im Frauenwerk der Nordkirche.

Zum Predigttext des folgenden Sonntags schreiben an dieser Stelle wechselnde Autoren. Einen neuen Text veröffentlichen wir jeden Dienstag.