Theologe wirft Kirche substanzlose Haltung zur Letzten Generation vor

Wie steht die Kirche zur Letzten Generation? Zu der Klimabewegung hat die Kirche nur Floskeln übrig, kritisiert der Theologieprofessor Michael Roth, dem auch ein Jesus-Vergleich sauer aufstößt.

In den vergangenen Tagen störte die Letzte Generation den Autoverkehr in Berlin
In den vergangenen Tagen störte die Letzte Generation den Autoverkehr in BerlinImago / aal.photo

Der Mainzer Theologie-Professor Michael Roth ist enttäuscht über das Bild, das die evangelische Kirche in der Debatte über die Klimaschutzbewegung abgibt. Wortmeldungen über die Aktivitäten der Letzten Generation von Kirchenleitenden wie dem hessen-nassauischen Kirchenpräsidenten Volker Jung beschränkten sich auf „Allgemeinplätze“ und theologische Floskeln, die zu „einer gefälligen Wortwolke zusammengemixt“ würden, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd): „Außerhalb der Kirche kann so etwas gar nicht mehr verstanden werden, so etwas hat ausschließlich in einer Synode seinen Ort.“

Auf der Synode der hessen-nassauischen Landeskirche (EKHN) in Frankfurt hatte Jung erklärt, das Engagement der Letzten Generation sei berechtigt. Sie stehe in der biblischen Tradition endzeitlicher Denker und von Jesus selbst. Allerdings seien ihre Protestformen fragwürdig. Ende 2022 war auf der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) eine Klimaschützerin aufgetreten, die Synodalen hatten ihr stehend Beifall gespendet.

Belanglose Aussagen

„Ich finde es unglaublich schwer, die biblischen Texte mit der gegenwärtigen ökologischen Situation in Verbindung zu setzen“, sagte Roth, der an der Mainzer Johannes-Gutenberg-Universität Systematische Theologie und Sozialethik lehrt. Parallelen zwischen biblischen Propheten und Klimaaktivisten seien allenfalls formal. Davon abgesehen seien Aussagen zur Klimaschutzbewegung aus Jungs Synodenbericht belanglos. Kaum jemand bestreite die Notwendigkeit von Klimaschutz: „Auch von den Autofahrern, die wegen der Aktionen im Stau stehen müssen, will niemand einen möglichst brutalen Klimawandel.“

Entscheidende Themen würden jedoch von der evangelischen Kirche bislang ausgeblendet, kritisierte der Wissenschaftler. So finde andernorts längst eine Debatte darüber statt, was es für die Gesellschaft bedeute, wenn eine Minderheit der Mehrheit ihre Ziele aufzwingen will und ob der Anspruch der Klimaaktivisten religiös überhöht sei. „Es scheint mir nicht sinnvoll, wenn der Beitrag der Kirche zu einem differenzierten, der Vernunft verpflichteten Diskurs in der Gesellschaft sich auf die Aussage beschränkt: ‚Boah ey, krass, voll wie Jesus’“, sagte Roth.

Ohne Verweis auf Gottes Auftrag

Unbestritten sei, dass auch die Kirche einen Beitrag zum Klimaschutz leisten müsse – wie alle anderen selbstverständlich auch. Wer hinter sich das Licht ausmache, könne dies auch tun, ohne es mit Verweis auf Gottes Auftrag, die Schöpfung zu bewahren, theologisch zu überhöhen.