Theologe: Keine Maschinenpistolen für Weihnachtsgottesdienste

„Das passt nicht zur Weihnachtsgeschichte“, sagt Renke Brahms, Friedensbeauftragter der EKD. Was Hannover und Hamburg für die Festgottesdienste planen.

Menschen drängeln am Heiligabend sich vor der Marktkirche in Hannover (Archivbild)
Menschen drängeln am Heiligabend sich vor der Marktkirche in Hannover (Archivbild)Norbert Neetz / epd

Bremen / Hannover. Nach dem Terroranschlag in Berlin von Montagabend verzeichnen die Kirchen in Niedersachsen zahlreiche Anfragen zu Sicherheitsvorkehrungen bei den bevorstehenden Weihnachtsgottesdiensten. Der leitende evangelische Theologe Renke Brahms in Bremen kann sich nicht vorstellen, dass die kirchlichen Feiern mit der Maschinenpistole geschützt werden. "Das passt nicht zur Weihnachtsgeschichte, die wir mit den Worten predigen: Fürchtet euch nicht", sagte Brahms am Donnerstag dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Es sei klar, dass es eine Verunsicherung gebe. "Die müssen wir als Seelsorger wahrnehmen, begleiten und in Worte fassen. Wir müssen damit aber auch leben." Die Weihnachtsgeschichte selbst spiele in unsicheren Zeiten, erinnerte Brahms, der auch Friedensbeauftragter der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist. "Und trotzdem wagen es die Engel, vom Frieden auf Erden zu singen." Wenn die Kirche ihre Gottesdienste aus Sicherheitsgründen einschränke, ginge sie den Terroristen "geradezu auf den Leim". Er vertraue der Polizei, dass sie die Situation im Auge behalte und sich gegebenenfalls melde, wenn weitergehende Maßnahmen ergriffen werden müssten.

Landeskirche schreibt Brief an Gemeinden

Die hannoversche Landeskirche wendet sich als größte evangelische Mitgliedskirche in Deutschland in einem Brief an ihre knapp 1.400 Kirchengemeinden. Hier heißt es unter anderem, dass die Sicherheitsmaßnahmen, die den Gemeinden ohnehin empfohlen würden, noch einmal besonders beachtet werden sollten, sagte Kirchensprecher Benjamin Simon-Hinkelmann. Dazu gehöre unter anderem, Telefonnummern von Rettungsdiensten parat zu haben oder auch bei vollen Kirchen Fluchtwege freizuhalten.
"Darüber hinaus vertrauen wir auf die gute Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden und der Polizei vor Ort, wenn auch klar ist, dass es keine absolute Sicherheit geben kann", betonte Simon-Hinkelmann. In diesem Jahr komme den Weihnachtsgottesdiensten eine zentrale Bedeutung zu: "Jedes ‚Fürchtet Euch nicht‘ setzt ein Zeichen gegen Angst, Hass und Gewalt und für ein friedliches Miteinander in unserer Gesellschaft."
In Hamburg wird es laut Polizeipräsident Ralf Martin Meyer keine besonderen Maßnahmen geben. Es sei nicht möglich, Heiligabend tausende von Gottesdienstbesuchern bei ihrem Gang in die Kirchen zu schützen, sagte er bereits am Dienstag in der Landespressekonferenz anlässlich des Anschlags in Berlin. Man könne vor dem Michel keine Sicherheitsschleusen aufstellen oder gar sämtliche Rucksäcke kontrollieren. Ob möglicherweise vermehrt zivile Beamte in die Gottesdienste geschleust würden, ließ Meyer unbeantwortet. Schutzmaßnahmen seien dann am effektivsten, wenn sie unberechenbar blieben, sagte er.
Skeptisch äußerte sich auch Remmer Koch, Sprecher des Kirchenkreises Hamburg-Ost, zu dem alle City-Hauptkirchen und der Michel gehören. „Weihnachten ist das Fest des Friedens, der Sehnsucht und der Hoffnung“, sagte er. Da sei es „direkt kontraproduktiv“, das Hauptaugenmerk auf sicherheitsrelevante Schutzmaßnahmen zu legen. Allein in seinem Kirchenkreis gab es Heiligabend 2015 laut EKD-Statistik 499 Gottesdienste – mit 152.720 Besuchern. (epd)