In “The Card Counter” von Paul Schrader reist ein Irak-Veteran als professioneller Kartenspieler von einem US-Casino zum anderen, bis sein kontrolliertes Leben durch eine Reihe von Begegnungen aus der Bahn gerät.
In Zusammenarbeit mit filmdienst.de und der Katholischen Filmkommission gibt die KNA Tipps zu besonderen TV-Filmen:
Die Hauptfigur dieses Films von Paul Schrader, die sich William Tell nennt (Oscar Isaac), ist ein professioneller Spieler. Während acht langer Jahre im Gefängnis hat er sich beigebracht, bei Partien die Karten zu zählen, das heißt, er kann durch die aufmerksame Registrierung bereits ausgespielter Karten kalkulieren, welche anderen Karten noch im Spiel sind und daraus Wahrscheinlichkeiten für den weiteren Spielverlauf ableiten. Mit diesem Know-how tourt er, wieder auf freiem Fuß, durch die Casinos.
Als Tell noch Tillich hieß und bei der US-Armee diente, war er im Irak an Folterungen beteiligt – Menschenrechtsverletzungen, die der Grund für seine Haftstrafe waren. Die Erinnerungen an Abu Ghraib, die man in einigen albtraumhaften Rückblicken sieht, lassen sich jedoch auch nach dem Abbüßen der Strafe nicht verdrängen. Die Begegnung mit einem jungen Mann (Tye Sheridan), dem Sohn eines ehemaligen Kameraden und Mitschuldigen, der sich nach dem Selbstmord seines Vaters an dessen Vorgesetzten und “Befragungsspezialisten” (Willem Dafoe) rächen will, wird für Tell zur Chance, seinem eigenen inneren Gefängnis zu entkommen. Anstatt dem Jungen bei dessen Racheplänen zu helfen, nimmt er ihn mit auf seine Casino-Tour; er will ihn von seinen Plänen abbringen.
Schrader greift mit den Menschenrechtsverletzungen in Abu Ghraib einen US-amerikanischen Schandfleck auf und stellt eine Figur in den Mittelpunkt, die stellvertretend für die Nation eine Schuld abträgt, die kollektiv nie wirklich aufgearbeitet wurde. In dem markerschütternden Drama um die Suche nach Vergebung und Erlösung geben innere Monologe Einblicke in die verwundete Psyche der Hauptfigur, die äußerlich als Spieler bestens bluffen und ihre Gefühle unter Verschluss halten kann. Der Film war beim Kinostart 2022 auch Kinotipp der katholischen Filmkritik