Teilen ist nicht immer leicht

Gemeinsam zelten, Bibelgeschichten hören und Musik machen – dieses Konzept geht seit zehn Jahren in dem kleinen Dorf Grünow bei Neustrelitz auf.

Pastorin Cornelia Seidel studiert im Grünower Pfarrhaus die Lieder mit dem Kinderchor ein
Pastorin Cornelia Seidel studiert im Grünower Pfarrhaus die Lieder mit dem Kinderchor einSophie Ludewig

von Sophie Ludewig

Grünow. In diesem Jahr stand das Musikcamp-Programm unter dem Thema Gerechtigkeit.
Dass die Welt und das Leben manchmal ganz schön ungerecht sein können, erleben nicht nur Erwachsene. Auch Kinder wissen das nur zu gut. „Kinder erleben oft Ungerechtigkeiten, ob in der Schule, zwischen Freunden oder in der Familie. Sie selbst verhalten sich anderen gegenüber ja aber auch nicht immer gerecht, deshalb wollen wir diesmal fragen: Was bedeutet eigentlich Gerechtigkeit und ist es denn so einfach, immer gerecht zu sein?“, erklärt Katrin Hofmann, die Gemeindepädagogin der Kirchengemeinde Strelitzer Land.

"Wenigstens ein bisschen abgeben"

Für die zehnjährige Marikje aus Grünow ist klar, wie sich ein gerechter Mensch verhalten sollte: „Er muss freundlich und rücksichtsvoll sein, mit anderen gerecht teilen und nicht nur daran denken, was er selber will.“ Sie selbst hat drei Geschwister und weiß deshalb auch: „Teilen ist nicht immer so leicht. Manchmal mag man etwas so gerne, dass man es lieber für sich behalten möchte, aber das verstehen die anderen dann nicht.“ Ihr Tipp, wenn es dadurch zum Streit kommt: „Wenigstens ein bisschen abgeben oder etwas anderes vorschlagen, was dem anderen Freude macht.“
Charlotte aus Blankenförde findet nicht nur das Teilen wichtig: „Wenn jemand für etwas beschuldigt wird, das er gar nicht gemacht hat, dann muss man eingreifen und demjenigen helfen – auch das gehört für mich zum Gerechtsein dazu“, meint die 14-Jährige.

Musik verbindet alle Menschen

Insgesamt setzten sich etwa 30 Kinder und Jugendliche zwischen zehn und 17 Jahren beim diesjährigen Musikcamp mit dem Thema Gerechtigkeit auseinander. Beim allerersten Musikcamp 2006 lautete das Thema „Freundschaft hat viele Zwischentöne“. Damals kamen 18 Kinder auf den Pfarrhof in Grünow, um sich mit biblischen Geschichten zu beschäftigen und gemeinsam zu musizieren. Die Initiatoren dieses Sommercamps waren Katrin Hofmann und der damalige Grünower Pastor Lutz Breckenfelder. Im Rahmen des Programms „Vitale Kirche“ der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) entwickelten sie ein regionales Projekt, das Kinder aus verschiedenen Gemeinden und mit unterschiedlichem sozialem Hintergrund zusammenbringen sollte. „Wir kamen auf den Musikworkshop, weil Musik in unseren Augen alle Menschen verbinden kann und die Kinder dabei die Möglichkeit bekommen, sich mit ihren vielfältigen Begabungen einzubringen“, blickt Katrin Hofmann zurück.
Als musikalischer Leiter konnte der Neustrelitzer Komponist und Musiker Torsten Harder gewonnen werden. „Als Lutz Breckenfelder mich damals gefragt hat, fand ich die Idee sofort total super, so ein Projekt auf dem Dorf zu machen, wo ja sonst normalerweise nicht viel los ist“, erinnert sich der 51-Jährige. Die Zusammenarbeit mit Torsten Harder, so Katrin Hofmann, sei jedes Mal aufs Neue großartig und überraschend: „Torsten arrangiert für das Musikcamp oft bekannte Kirchenlieder und es ist für alle immer ein Aha-Erlebnis, wenn dann aus einem klassischen Kirchenlied zum Beispiel plötzlich ein Reggae-Song oder eine Rocknummer wird.“

Abschlusskonzert ist Höhepunkt des Musikcamps

Der Kinderchor und die ortsansässige Band „Grünko(h)l“ studieren die Stücke allerdings nicht nur zum eigenen Vergnügen ein. Zum Abschluss und als Höhepunkt des Musikcamps gibt es jedes Jahr ein großes Konzert in der Grünower Kirche. „Das ist immer ein tolles Erlebnis für alle Beteiligten und anschließend feiern wir gemeinsam im Pfarrgarten ein schönes Abschlussfest“, erzählt Katrin Hofmann.
Die elfjährige Annie aus Goldenbaum hatte sich eines dieser Konzerte in Grünow angesehen und danach sofort beschlossen: Da will ich nächstes Jahr auch mitmachen. Nun war sie zum ersten Mal dabei und fand außer dem Singen und dem gemeinsamen Spielen in den Probepausen das Zelten auf dem Pfarrhof besonders toll, denn das sei sehr spannend und lustig gewesen. In den vergangenen Jahren hatten die Teilnehmer allerdings manchmal mehr Spannung beim Zelten, als ihnen lieb war. „Wir haben auch schon ziemlich schwere Unwetter erlebt und viele nicht wetterfeste Zelte – aber zum Glück rettet uns da immer die große Pfarrscheune mit ihrem Ofen“, erinnert sich Katrin Hofmann.

Die Stimmung ist immer super

Ob es nun regnet, stürmt oder die Sonne scheint – die Stimmung in Grünow sei immer super: „Beim Musikcamp gibt es nur ganz selten Streit zwischen den Kindern, sie sind hier sehr entspannt“, sagt die Gemeindepädagogin. Sie beobachtet außerdem, dass die fünf Tage Musikcamp immer wieder nachhaltigen Eindruck auf die jungen Teilnehmer machen. „Nach den Sommerferien erzählen die Christenlehrekinder jedes Mal von ihren Erlebnissen beim letzten Camp und singen sogar oft noch die Lieder.“
Nach Meinung von Katrin Hofmann und den anderen Organisatoren könnte das Grünower Musikcamp auch noch weitere zehn Jahre bestehen bleiben: „Wir haben nach wie vor große Lust dazu, denn es ist die perfekte Mischung aus zielorientiertem Arbeiten, geistlichen Angeboten und Spaß.“