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Tausende Ungarn protestieren für und gegen Regierung

In Ungarn hat mit den Großkundgebungen von Regierung und Opposition endgültig der Wahlkampf begonnen. Regierungschef Orban setzt offenbar auf altbewährte Methoden. Ob das reicht, ist dieses Mal aber fraglich.

In Budapest sind am Donnerstag Tausende Regierungs- und Oppositionsanhänger auf die Straße gegangen. Die beiden Kundgebungen, zu denen jeweils die Regierungspartei Fidesz und Oppositionsführer Peter Magyar von der Tisza-Partei aufgerufen hatten, gelten als Startschuss für den Wahlkampf. Bei der Parlamentswahl nächsten April hat die Opposition reelle Chancen, den seit 15 Jahren regierenden Ministerpräsidenten Viktor Orban im Amt abzulösen.

Am Vormittag hatten sich Anhänger von Orbans Fidesz am Donauufer versammelt, von wo aus sie zum gegenüberliegenden Parlament zogen. Orban machte in seiner Rede auf die gespannten Beziehungen zu Brüssel aufmerksam und lobte den Einsatz seiner Unterstützer für konservative Werte. Ungarn sei heute als “einziges Land in Europa frei von Migranten”, so der Rechtspopulist. Erneut kritisierte er die Militärhilfe europäischer Staaten für die Ukraine, die den Krieg hinauszögere. Ungarn sei das einzige Land in der Region, das sich für Frieden einsetze. Die Kundgebung am Jahrestag des ungarischen Volksaufstands gegen die sowjetischen Besatzer (1956) war als “Friedensmarsch” bezeichnet worden.

Am Nachmittag legte Oppositionsführer Magyar mit seinem “nationalen Marsch” nach, der zugleich den Abschluss seiner 80-tägigen Wahlkampftour durch Ungarn bildete. Im Regen waren die Tisza-Unterstützer mit Plakaten durch die Innenstadt gezogen, auf denen zu lesen war “Eine bessere Zukunft kommt nicht, sie muss geschaffen werden” und “Zurückholen, was dem Volk gehört”.

Experten werten die Kundgebungen als erstes großes Kräftemessen vor der Parlamentswahl. “Es ist das erste Mal, dass beide Lager gleichzeitig Massendemonstrationen abhalten, insofern ist es auch ein Wettbewerb um Teilnehmerzahlen und Bilder”, so Politologe Peter Techet vom Institut für den Donauraum und Mitteleuropa (IDM) in Wien.

Magyar gilt derzeit als größte Bedrohung für die umstrittene Orban-Regierung; seine Tisza führte zuletzt die Umfragen an. Beliebt sei der Oppositionelle nicht vorwiegend wegen seiner Persönlichkeit oder seinem Programm, sondern, da er die einzige Möglichkeit für Orbans Abwahl darstelle, so Techet. “Das heißt: Nicht für Magyar wird gestimmt, sondern gegen Orban.”