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Tausende Behandlungsfehler bestätigt – Daten unvollständig

Verwechselte Körperteile, falsche Medikamente oder im Körper vergessenes OP-Material – auch in der Medizin passieren Fehler. Die Folgen können drastisch sein. Gutachter fordern einen besseren Überblick.

Medizinische Gutachter haben für das vergangene Jahr Tausende Behandlungsfehler festgestellt. Sie beklagen aber einen fehlenden Überblick über das tatsächliche Ausmaß. “Es ist unklar, wie sich die Patientensicherheit in Deutschland tatsächlich entwickelt”, heißt es in der am Donnerstag in Berlin vorgestellten Jahresstatistik des Medizinischen Dienstes der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen. Es fehle an einem verbindlichen Erfassen von Behandlungsfehlern und vermeidbaren unerwünschten Ereignissen.

Konkret haben die Gutachter 2024 rund 12.300 Fälle begutachtet und damit in etwa so viele wie im Vorjahr. Die Zahl der festgestellten Fehler lag dabei mit 3.731 ebenfalls auf dem gleichen Niveau (Vorjahr: 3.595). In 3.301 Fällen wurden gesundheitliche Schäden bei den betroffenen Patienten erfasst. Davon bestätigten die Gutachter in 2.825 Fällen, dass der Behandlungsfehler ursächlich für den Schaden war. Wie im Vorjahr waren 75 Todesfälle zu beklagen.

Die Gutachter der einzelnen Medizinischen Dienste in den Bundesländern sehen immer wieder ähnliche oder gleiche Situationen, die zu Fehlern führen, wie es in der Statistik weiter heißt. Daraus ließe sich lernen für die Vermeidung von Fehlern in Arztpraxen und Krankenhäusern.

Es handele sich um ein immenses Problem, sagte der Vorstandsvorsitzende des Medizinischen Dienstes Bund, Stefan Gronemeyer. Die Zahlen der Gutachter würden nur einen sehr kleinen Ausschnitt des tatsächlichen Fehlergeschehens abbilden. Studien belegten, dass es in ein bis fünf Prozent aller stationären Behandlungen zu Fehlern und vermeidbaren Schäden komme.

Das habe auch massive Auswirkungen auf das Gesundheitssystem, wenn durch vermeidbare Fehler weitere Operationen und Nachbehandlungen nötig würden, so Gronemeyer. In Deutschland ließen sich Schätzungen zufolge allein in Krankenhäusern etwa 15 Milliarden Euro an Folgekosten einsparen.

Patienten können sich bei einem Verdacht auf einen Behandlungsfehler kostenfrei an ihre Kasse wenden. Diese kann den Medizinischen Dienst als Gutachter beauftragen. Stellen die Gutachter einen Schaden fest, der auf einen Behandlungsfehler zurückzuführen ist, können Patienten Schadenersatz geltend machen.