Artikel teilen:

Studie: Jugendliche haben im Südwesten gute Chancen auf Teilhabe

Laut dem „Teilhabeatlas Kinder und Jugendliche“ bieten die Städte und Landkreise in Baden-Württemberg im deutschlandweiten Vergleich Kindern und Jugendlichen gute Chancen auf gesellschaftliche Teilhabe. So zählen von den 44 Kreisen 31 zu den eher ländlich geprägten Teilhabe-Spitzenreitern, heißt es in der Studie, die am Dienstag in Stuttgart vorgestellt wurde. Diese Regionen seien wirtschaftlich stark, ihre Infrastruktur gut ausgebaut und die Bildungschancen insgesamt hoch. Auch die Städte schnitten im bundesweiten Vergleich sehr gut ab.

Wer in Armut lebt, habe oft auch weniger Möglichkeiten zur Teilhabe, hieß es weiter. Junge Menschen, die in Städten leben, seien besonders armutsgefährdet. Im Südwesten stechen vor allem Mannheim und Pforzheim hervor. Dort sei der Anteil von Kindern, die in Familien aufwachsen, die auf Bürgergeld angewiesen sind, mit 18,6 Prozent und 17,1 Prozent besonders hoch, so die Studienergebnisse.

In der überwiegenden Zahl der Landkreise in Baden-Württemberg sei die Kinderarmut mit vier bis acht Prozent dagegen vergleichsweise gering. Insgesamt leben 8,1 Prozent der Kinder im Südwesten im Mai 2025 in einer Familie, die auf Bürgergeld angewiesen ist. Bundesweit waren es rund 12 Prozent. Zum Vergleich: In Bayern waren es im ersten Quartal 2024 nur 6,5 Prozent, Bremen war Spitzenreiter mit einem Anteil von 28,6 Prozent.

Jasper Mönning, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung, sagte, es gebe verschiedene Aspekte, die die Teilhabe von jungen Menschen beeinflussen. Wichtig sei unter anderem der Blick auf Kinderarmut: Denn wenn Kinder in Armut oder armutsgefährdet aufwachsen, könnten sich deren Eltern manche Teilhabeangebote für ihre Kinder schlicht nicht leisten.

Ein wirksames Mittel gegen Kinderarmut ist dem Teilhabeatlas zufolge die Betreuung von Vorschulkindern, da eine flächendeckende, niedrigschwellige Betreuung die Entwicklungschancen von Kindern stärke und Eltern die Erwerbstätigkeit erleichtere. Hier liegt Baden-Württemberg etwa im Bundesdurchschnitt: Knapp ein Drittel der unter Dreijährigen und 92,9 Prozent der Drei- bis Fünfjährigen im Südwesten besuchten 2024 Betreuungseinrichtungen. Bundesweit waren es 38,2 beziehungsweise 94,4 Prozent.

Ebenso wie bei der Kinderarmut fallen aber auch bei der niedrigen Betreuungsquote für Kinder von drei bis fünf Jahren die beiden Städte Pforzheim (77 Prozent) und Mannheim (78 Prozent) auf. Nahezu vollständig in Betreuung befinden sich die Kinder in Freiburg (98 Prozent) und im Landkreis Waldshut (97 Prozent).

Johanna Okroi von der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung (Berlin) sagte, Befragungen von jungen Menschen hätten unter anderem gezeigt, dass diese sich Freiräume und Gestaltungsmöglichkeiten wünschten. Oft führten sie durch den Besuch von Ganztagesschulen ein sehr reguliertes Leben. Vor allem Mädchen und Jungen aus einkommensschwachen Haushalten wünschten sich öffentliche Räume, in denen sie sich auch bei Regen und im Winter treffen könnten, wie etwa einen Jugendtreff.

Außerdem wollten sie oft mehr Möglichkeiten der Mitsprache und Mitbestimmung in der Schule und an ihrem Wohnort. „Wenn junge Menschen nicht ernst genommen werden, führt das teilweise zur Verstummung, und sie äußern ihre Meinung nicht mehr“, so Okroi.

Die Wüstenrot Stiftung, das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung, und die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung haben im „Teilhabeatlas Kinder und Jugendliche“ untersucht, wie die Teilhabemöglichkeiten von jungen Menschen in Deutschland verteilt sind. Dafür haben sie die Statistiken zu Teilhabe in den 400 Kreisen und kreisfreien Städten bundesweit verglichen und in acht Regionen insgesamt 222 Gespräche mit jungen Menschen und mit 39 Fachkräften vor Ort geführt.

Unter „Teilhabe“ versteht die Studie das Recht und die Möglichkeit, gleichberechtigt und selbstbestimmt am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen und etwa Zugang zu guter Bildung, vielfältigen Freizeitangeboten sowie attraktive Möglichkeiten im Übergang von der Schule zum Beruf zu haben. (2540/07.10.2025)