Stereotype überwinden

Nach den „Internationalen Wochen gegen Rassismus“ gab es an der Universität der Bundeswehr in Hamburg eine hochkarätig besetzte virtuelle Diskussionsveranstaltung zum Thema Rassismus.

In einem Online-Seminar an der Helmut-Schmidt-Universität ging es um Diskriminierung und Rassismus
In einem Online-Seminar an der Helmut-Schmidt-Universität ging es um Diskriminierung und RassismusMichael Rohde

Hamburg. „Der Soldatenberuf erfordert Stärke, wenn es darum geht, Ambivalenzen und Paradoxien auszuhalten.“ Dies sagte Militärbischof Bernhard Felmberg, der die Reihe der Impulsreferate, die es im Rahmen eines Lebenskundlichen Seminars zum Thema „Rassismus“ an der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg gibt, eröffnete. Im Nachgang zu den Internationalen Wochen gegen Rassismus hatte Militärdekan Michael Rohde die Bundestagsabgeordnete Aydan Özoguz, den Hamburger Landesrabbiner Shlomo Bistritzky, den stellvertretenden Vorsitzenden des Vereins Deutscher Soldat, Dominik Wullers, und den evangelischen Militärbischof eingeladen, mit über 100 Student:innen der Bundeswehruniversität zu diskutieren.

Nach einleitenden Worten von Professor Klaus Beckmann, dem Präsidenten der Universität, und Oberst Maximilian Olboetter, dem Leiter des Studierendenbereichs, betonte Jürgen Micksch, Vorsitzender der „Stiftung für die internationalen Wochen gegen Rassismus“, die Wichtigkeit und Aktualität der Thematik, quer durch alle Gesellschafts- und Bevölkerungsschichten.

Zentrale Kompetenz

Felmberg berichtete von Gesprächen mit Soldat:innen, die ihm verdeutlicht hätten, dass die professionelle Nutzung von sozialen Deutungsmustern eine zentrale Kompetenz des Soldatenberufs sei. Auch berichtete er von eigenen Erfahrungen mit stereotypen „Fehleinschätzungen“, die auch ihm unterlaufen seien: „Damals habe ich viel gelernt.“

Aydan Özuguz, gebürtige Hamburgerin, berichtete von eigenen Diskriminierungserfahrungen, unter anderem bei der Wohnungssuche aufgrund ihres Namens. Sie wies auf Studien hin, die belegen, wie sehr ein „Migrationshintergrund“ etwa die Chancen bei der Jobsuche verringert. Schockierend war es für die Teilneh-mer:innen zu hören, wie versucht wird, die Abgeordnete mit „Fakenews“ zu diskreditieren.

Auch Shlomo Bistritzky, der seit mehr als elf Jahren in Hamburg lebt, berichtete von Anfeindungen und dem Wunsch, der vielen Religionen zu eigen sei, einfach „in Frieden“ seine Kultur und Religion in Deutschland leben zu dürfen.

Rassismus wird verfolgt

Dominik Wullers schilderte rassistisch diskriminierende Erfahrungen als Soldat, beschrieb aber auf der anderen Seite auch, wie konsequent innerhalb der Bundeswehr rassistische Äußerungen und Verhalten verfolgt würden. Mit Verweis auf § 12 des Soldatengesetzes zum Thema Kameradschaft sagte er: „Ich habe mich in der Uniform akzeptierter gefühlt als ohne.“

In der Pause gab es Bewegung. Hauptmann der Reserve Ines Wunderlich, Koordinatorin für das Betriebliche Gesundheitsmanagement, ermunterte die Teilnehmer:innen, sich zu bewegen und damit Verspannungen vorzubeugen – gern natürlich auch bei abgeschalteter Kamera.

Private Erlebnisse

In den sich anschließenden Workshops kamen die Teilnehmenden mit den Gästen ins Gespräch und berichteten von eigenen, privaten Erlebnissen. Intensiv wurden etwa Fragen diskutiert, ob die „Eingruppierung“ von Menschen als „Migranten“ oder „Farbige“ überhaupt notwendig sei und ob nicht ein sensiblerer Umgang mit solchen Zuordnungen einen Wandel der Denkweise beschleunigen könne.

Auch wurden praktische Fragen erörtert: „Wie kann ich jemanden ansprechen, der augenscheinlich einen anderen kulturellen Hintergrund hat, ohne ihn mit meinen Fragen zu verletzten?“ Dabei kamen die Teilnehmenden zu dem Ergebnis, dass Mut zur Kommunikation und ehrliches Interesse am Gegenüber wichtige Instrumente sind, um ungewolltes diskriminierendes und rassistisches Verhalten zu vermeiden. Wenn sich Menschen mit Empathie und gegenseitiger Achtung begegnen, dann kann eine Basis für eine demokratische plurale Gesellschaft entstehen.

Militärdekan Michael Rohde, der das Seminar organisiert hatte, sagte zum Abschluss: „Dieses Seminar war ein weiterer Schritt zur Sensibilisierung und wir werden dieses Thema in den folgenden Seminaren vertiefen.“