Staatsanwaltschaft lehnt evangelikalen Gutachter ab

Der Theologieprofessor Christoph Raedel sollte beantworten, ob die schwulenfeindlichen Aussagen des Pastors Olaf Latzel durch die Bibel gedeckt seien. Doch dann bezeichnete der Gutachter Homosexualität als „Sünde“.

Pastor Olaf Latzel (re.) mit seinem Anwalt Sascha Böttner vor Prozessbeginn am 20. November des vergangenen Jahres
Pastor Olaf Latzel (re.) mit seinem Anwalt Sascha Böttner vor Prozessbeginn am 20. November des vergangenen JahresTristan Vankann / epd

Bremen. Die Staatsanwaltschaft Bremen hat den umstrittenen theologischen Gutachter Christoph Raedel im Berufungsverfahren um den wegen Volksverhetzung verurteilten Bremer Pastors Olaf Latzel abgelehnt. „Wir haben heute beim Landgericht beantragt, den Gutachter wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen“, sagt der Sprecher der Bremer Staatsanwaltschaft, Oberstaatsanwalt Frank Passade, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Mit einer Entscheidung des Gerichts sei in den kommenden Tagen zu rechnen.

Der Gießener Theologieprofessor Raedel war in der vergangenen Woche vom Landgericht Bremen zum Gutachter im Berufungsverfahren um den Bremer St. Martini-Pastor Latzel berufen worden. Anhand eines zwischen dem Gericht, der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft abgestimmten Fragebogens sollte Raedel darlegen, ob Latzels schwulenfeindliche Äußerungen möglicherweise durch die Bibel gedeckt seien. In diesem Fall könnte laut einem Sprecher des Landgerichts die Religionsfreiheit stärker zu bewerten sein als die Meinungsfreiheit.

Nicht mit christlicher Lehre vereinbar

Raedel hatte auf epd-Nachfrage erklärt, er vertrete die Auffassung, dass Homosexualität nicht mit der christlichen Lehre vereinbar sei und als Sünde bezeichnet werden müsse. Dies hatte zu heftiger Kritik von Theologen, Kirchenrechtlern und Verfassungsexperten geführt. Der Kirchenrechtler Hans Michael Heinig sagte: „Was die Bibel ‚wirklich‘ sagt, ist im säkularen Rechtsstaat nun wirklich keine sinnvolle Frage für ein Gerichtsgutachten.“


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Auch die Evangelisch-methodistische Kirche in Deutschland, der Raedel angehört, hatte sich von den Äußerungen distanziert. Seine Aussagen zu Homosexualität habe er als Privatperson getätigt, nicht aber im Namen oder gar im Auftrag der methodistischen Kirche.

Pastor Olaf Latzel ist im vergangenen November vom Amtsgericht Bremen wegen Volksverhetzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten, umgewandelt zu einer Geldstrafe von 8100 Euro verurteilt worden. Latzel hatte nach Überzeugung des Gerichts in einem auf Youtube verbreiteten „Eheseminar“ zum Hass gegen Homosexuelle aufgestachelt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, weil Latzels Verteidiger Berufung eingelegt haben. Das Berufungsverfahren wird nach Angaben des Landgerichts vermutlich Anfang kommenden Jahres beginnen. (epd)