St. Martini-Gemeinde droht mit Trennung von Landeskirche

Der Konvent der Gemeinde dringt darauf, sich von der Bremischen Kirche zu lösen. Den umstrittenen Pastor Olaf Latzel will die Gemeinde selbst anstellen.

In der evangelischen St. Martini-Kirche in Bremen predigt Olaf Latzel
In der evangelischen St. Martini-Kirche in Bremen predigt Olaf Latzelepd

Bremen. Die Kirchengemeinde des vorläufig des Dienstes enthobenen Bremer Pastors Olaf Latzel bereitet sich auf eine Trennung von der Bremischen Evangelischen Kirche vor. Der Konvent der Gemeinde habe seinen Vorstand beauftragt, alle erforderlichen Vorbereitungen zu treffen, um einen entsprechenden Beschluss in einer Sondersitzung fassen zu können, heißt es in einem Beschlusspapier, das auf der Internetseite der Gemeinde abrufbar ist. Der Bremer „Weser-Kurier“ berichtete am Donnerstag zuerst über den Schritt der Gemeinde. Eine Stellungnahme der Bremischen Evangelischen Kirche gibt es noch nicht.

Latzel ist als Pastor der Gemeinde im November des vergangenen Jahres vor dem Amtsgericht der Hansestadt wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 8.100 Euro verurteilt worden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, weil Latzel Berufung eingelegt hat. Bis zu einer endgültigen Entscheidung hat die Kirchenleitung ihn vorläufig des Dienstes enthoben, ein schon Monate zuvor eingeleitetes kirchliches Disziplinarverfahren ruht.

Zum Hass aufgestachelt

Nach Auffassung des Amtsgerichts hatte der Theologe in einem sogenannten „Eheseminar“ im Oktober 2019 zum Hass gegen Homosexuelle aufgestachelt. Im Verlauf des Seminars warnte er unter anderem, Homosexualität sei eine „Degenerationsform von Gesellschaft“ und „Überall laufen die Verbrecher rum vom Christopher Street Day“.

Pastor Olaf Latzel (Archivbild)
Pastor Olaf Latzel (Archivbild)Alasdair Jardine / epd

In dem Beschluss stellte sich der Konvent hinter den Pastor. Latzel habe aus Sicht des Konvents in „seinen Äußerungen zur praktizierten Homosexualität auf dem Eheseminar in keiner Weise gegen die aus seiner Ordination bestehenden Pflichten verstoßen“. Mit seiner Lehre habe der Pastor vielmehr seine Verpflichtungen gegenüber der Gemeindeordnung von St. Martini-Gemeinde erfüllt. Der Konvent hat den Gemeindevorstand beauftragt, alle juristischen Möglichkeiten auszuschöpfen, um die vollständige Wiedereinsetzung des Pastors zu erreichen.

Die vorläufige Dienstenthebung sei „rechtswidrig“, weil der Beschluss der Kirchenleitung ohne die Zustimmung der Gemeinde gefallen sei. Ausdrücklich bestätigt der Konvent die Berufung Latzels als Pastor der Gemeinde. Für den Fall, dass die Kirchenleitung ihn nicht wieder einsetzen sollte, fasste der Konvent den Beschluss, den Pastor durch die Gemeinde selbst anzustellen.


Mehr zum Thema
Umstrittener Pastor Latzel wegen Volksverhetzung verurteilt
Kirchenleitung bekommt Hass-Mails
Mal pietistisch, mal sozialistisch – Porträt der Bremer St. Martini-Gemeinde
Hintergrund: Pastor Latzels Angriffe


Nach der Bremer Kirchenverfassung kann die Gemeinde das „Ruhenlassen der Rechte und Pflichten“ gegenüber der Gesamtkirche erklären. Die Gemeinde wäre dann nicht mehr in der Synode vertreten, die in Bremen Kirchentag heißt. Außerdem wäre sie losgelöst von den Einrichtungen und Ordnungen der Bremischen Evangelischen Kirche.

Farbanschlag auf Kirche

In der Nacht zum Sonntag hatte eine Gruppe Aktivisten den Eingangsbereich der historischen St. Martinikirche mit Farbe großflächig verschandelt. In einem Bekennerschreiben nannten die Verfasser den Weltfrauentag am 8. März als Anlass, um die Kirche mit Farbe zu „verschönern“. Die Bremische Kirche hatte den Anschlag scharf verurteilt. (epd)