Soziologin rät Frauen zu frühem Kinderkriegen

Erst die Karriere, dann die Familie? Für viele Frauen könne das zur Falle werden, warnt die Soziologin Katja Rost. Kinderwünsche ließen sich irgendwann nicht mehr so einfach erfüllen – entgegen prominenter Beispiele.

Schon junge Frauen sollten sich aus Sicht der Soziologin Katja Rost frühzeitig über Kinder und Familiengründung Gedanken machen – am besten schon während des Studiums oder der Ausbildung. Gerade bei hochgebildeten Frauen zeige die Forschung, “dass die realisierte Kinderzahl pro Frau geringer ausfällt als die gewünschte”, sagte die an der Universität Zürich lehrende Wissenschaftlerin im Interview des “Spiegels” (Samstag).

Sie rate ihren Studentinnen deshalb, noch vor einem Karriereeinstieg über Nachwuchs nachzudenken. “Mit 30 oder 35 muss, wer beruflich vorankommen möchte, viel ackern, flexibel sein, unterwegs sein. Und dann rutscht die Familienplanung noch weiter nach hinten, und manchmal klappt es dann nicht mehr.”

Als Beispiel führt die 48-Jährige ihre persönliche Erfahrung an: Sie habe ihre Karriere vorgezogen und sei erst mit 37 Jahren Mutter eines Sohnes geworden. “Die Optionen verengen sich irgendwann, und dann bleibt es bei einem Kind oder bei keinem.” Die biologische Fruchtbarkeit von Frauen lasse im Alter nach, und trügerisch sei die Vorstellung, dass jede Frau noch mit 35 oder 40 Jahren Kinder bekommen könne. “Dazu tragen auch die vielen Berichte von prominenten Frauen in den Medien bei, die spät Mutter geworden sind und ihr Glück in die Öffentlichkeit tragen. Von den anderen, die das erfolglos versucht haben, liest man nichts”, mahnte Rost.

Das die Geburtenrate in Deutschland sinkt, führt die Wissenschaftlerin neben Verhütungsmitteln und dem Wunsch zur Selbstverwirklichung auch auf eine Abkehr von der Religion zurück. “Religiöse Menschen bekommen mehr Kinder, aber die Religion ist in unseren Gesellschaften auf dem Rückzug. Dann fehlt das transzendente Motiv oder ein moralischer Imperativ.”

Zudem werde Mutterschaft im öffentlichen Diskurs oft als eine Art Einschränkung bis hin zu einer Strafe dargestellt, kritisierte die Forscherin. Das äußere sich etwa in der Ansicht, dass Mütter im Job in Teilzeit gezwungen würden, obwohl sie eigentlich in Vollzeit arbeiten wollten. Hingegen gebe es viele Frauen, die ihre Arbeitszeit bewusst reduzierten, um mehr Zeit mit ihrem Kind verbringen zu können. “Das ist eine emanzipierte Entscheidung, die man gesellschaftlich genauso akzeptieren sollte wie eine Berufstätigkeit.”