„Sie brauchen Rückhalt der Zivilgesellschaft“

Militärseelsorger Thomas Bretz-Rieck hat die Evakuierungsmission in Afghanistan begleitet. Hier berichtet er vom großen persönlichen Engagement der Truppe.

Militärpfarrer Thomas Bretz-Rieck aus Seedorf in Niedersachsen
Militärpfarrer Thomas Bretz-Rieck aus Seedorf in NiedersachsenKay Michalak / epd

Nach meiner Einsatzbegleitung bei den deutschen Kräften Resolute Support in Kabul liegt nun die Begleitung unserer Soldat:innen bei der jüngsten militärischen Evakuierungsoperation hinter mir. Ich habe es also mit einsatzerfahrenen Kräften zu tun. Die Männer und Frauen sind hoch motiviert und agieren mit großem persönlichem Engagement. Wenn sie unter den Bedingungen eines realen Einsatzes arbeiten können, steigert das beides. Wird doch der Sinn des alltäglichen Trainierens zur Aufrechterhaltung von Handlungssicherheit und Fitness vor diesem Hintergrund konkret greifbar.

Sie erwarten für ihren Dienst keine Dankbarkeit. Die Soldat:innen brauchen jedoch den Rückhalt der Zivilgesellschaft, wenn sie als Teil einer Parlamentsarmee ihre Arbeit in den Einsätzen, bei der Amtshilfe oder im Grundbetrieb tun. Denn die Identifikation mit ihrem Beruf ist hoch: Sie wollen auf diese Weise einen Beitrag für Land leisten.

Die Soldat:innen reflektieren ihre Arbeit und ihre Rolle im kameradschaftlichen Gespräch. Sie sind diskursfähig und -willig. Pauschalen Zuschreibungen etwa mit Bezug auf ihre politische Ausrichtung, ihre Fähigkeit zur Anwendung militärischer Gewalt oder den allgemeinen Zustand der Truppe begegnen sie kritisch.

Die Männer und Frauen begegnen mir als Pfarrer offen und interessiert. Die seelsorgerliche Unterstützung vor Ort und in den Einsätzen nehmen sie sehr selbstverständlich in Anspruch. Auf die Unterrichte, die ich als Militärpfarrer zu halten habe, lassen sie sich engagiert ein. Unsere Gottesdienste sind gut besucht und persönliche Segnungshandlungen insbesondere in Situationen von Gefährdung und/oder Belastungen nehmen sie gern an.

Anmerkungen von Armin Wenzel, Leitender Militärdekan:
Militärpfarrer Thomas Bretz-Rieck arbeitet im Evangelischen Militärpfarramt Seedorf in Niedersachsen und betreut dort das Fallschirmjägerregiment 31. 400 Soldat:innen dieses Verbandes haben im August am Flug­hafen Kabul mit dafür gesorgt, dass mehr als 5300 Menschen aus Afghanistan ausgeflogen werden konnten. Die Soldat:innen haben dabei Situationen erlebt, die schwer zu verarbeiten sind: Menschen, die mit Gewalt zurückgedrängt werden mussten, die wegen fehlender Genehmigungen abgewiesen wurden, Trennung von Familien und alles unter der Bedrohung von möglichen Anschlägen. Pfarrer Bretz-Rieck war selbst zehn Tage in Taschkent/Usbekistan, von wo aus die aus Kabul Ausgeflogenen weiter nach Deutschland gebracht wurden. In diesen Tagen hat er mit einem Truppenpsychologen viele Soldat:innen betreut, die mit belastenden Erfahrungen aus der Evakuierungsoperation in Kabul zurückkamen. In zurückgenommener Weise berichtet er auf meine Bitte hin über seine Eindrücke und die Stimmungslage der Soldat:innen.