Seit einer Milliarde Sekunden verheiratet

Silberhochzeit und Goldene Hochzeit – das kann jeder. Ein kurioses Datum für ein großes Familienfest hat sich das Pastorenehepaar Fendler aus Niedersachsen ausgesucht: die eine Milliardste Hochzeitssekunde.

Grund zum Feiern: Militärpfarrerin Ulrike Fendler und Pastor Folkert Fendler
Grund zum Feiern: Militärpfarrerin Ulrike Fendler und Pastor Folkert FendlerImke Josephine Harms

Westerstede. Vor 31 Jahren, acht Monaten, acht Tagen, einer Stunde, 46 Minuten und 40 Sekunden haben sich Ulrike Fendler und Folkert Fendler das standesamtliche Ja-Wort gegeben. Eigentlich kein Datum, aus dem Ehepaare viel Aufhebens machen würden. Bei dem Pastorenehepaar ist das anders – sie haben die Sekunden gezählt und werden ihre eine Milliardste Hochzeitssekunde mit einem Gottesdienst in St. Petri-Kirche von Westerstede bei Oldenburg feiern, in der sie auch geheiratet haben. „Viele Freunde hielten das zehnstellige Datum als Anlass für eine schöne Idee,“ sagt Pastor Folkert Fendler. „So eine Milliarden-Feier kommt nur einmal im Leben vor.“ Im Anschluss an den Gottesdienst feiere die Familie im Kreis von rund 80 Personen weiter, darunter die drei Söhne und vier Enkelkinder, freut sich Fendler.

Für den Rektor des Pastoralkollegs in Loccum haben ungewöhnliche Jubiläen Tradition. Ein Jahr vor der Trauung feierte er den „minus ersten Hochzeitstag. „Wir waren uns eben sehr sicher“, so der 57-Jährige. Nach sechs Jahren und drei Monaten Ehe feierte das Paar die Viertel-Silberhochzeit. Auch die halbe und Dreiviertel-Silberhochzeit begingen die Eheleute. „Zahlen sind mein Ding“, sagt Fendler. Für Familie, Freunde und Bekannte sei dieses Jubiläum ein schöner Anlass für ein Wiedersehen.

Wie sich Jubiläen verändert haben

Die familiäre Vergewisserung stehe im Hintergrund vieler Jubiläen, sagt Professor Thomas Klie, Praktischer Theologe an der Universität Rostock. „Das ist ein Grund, weswegen Erinnerungskasualien immer beliebter werden.“ Früher sei es in evangelischen Kreisen noch völlig abwegig gewesen, ein Ehejubiläum zu feiern, so der Professor weiter. „Es galt nicht als Verdienst, 50 Jahre miteinander zu verbringen. Man wollte keine religiöse Leistungsurkunde ausstellen.“ Doch heutzutage sei es nicht mehr selbstverständlich, die Zeit bis zur Goldenen Hochzeit gemeinsam zu verbringen. „Familienstrukturen ändern sich schneller.“ Und so würden auch unbekanntere Jubiläen wie baumwollne, hölzerne oder blecherne Hochzeit gefeiert. „Man weiß um die Brüchigkeit von Beziehungen und weiß das Zusammenbleiben darum ganz anders zu schätzen.“

Der Rostocker Theologe, der ein Freund der Familie Fendler ist, arbeitet derzeit an einer Aktualisierung der evangelischen Kasualtheorie. „Wir werden immer älter,“ so Klie weiter. „Das verändert die Jubiläen.“ Und so arbeitet er daran, wie die vier klassischen evangelischen Kasualien Taufe, Konfirmation, Trauung und Beerdigung zeitgemäß sein und der Situation der Menschen entsprechen können. Was geht theologisch? Und was ist schlicht „spätmoderner Kitsch“?

Mittlerweile werden etliche neue Anlässe zur familiären Vergewisserung und biografischen Erinnerung genutzt wie Schulanfangsgottesdienste oder Gottesdienste zum Valentinstag. „Vielleicht feiern wir im Osten bald die Goldene Jugendweihe.“ Doch Veränderung gebe es auch bei Hochzeiten: „Wenn Menschen heute heiraten, sind sie im Schnitt älter als 30 Jahre und schon länger zusammen“, so Professor Klie. „Die haben Kinder und viel hinter sich. Darauf müssen sich die Kasualien einstellen.“ Klie wird auch den Gottesdienst der Fendlers leiten. „Ich nehme den Kasus ernst. Aber ganz sicher wird es in meiner Predigt auch was zu lachen geben.“

Pastor Fendler freut sich, wenn andere Paare es ihm gleichtun. Die Goldene Hochzeit sei schließlich noch weit entfernt. An die Gestaltung des Gottesdienstes stellen die Fendlers keine besonderen Ansprüche. „Uns kommt es auf den Segen Gottes an.“