Da hängt ein Schild. Im Waschraum. „Ein sauberer Sanitärbereich ist etwas Schönes.“ Ja, denke ich, da hatten sie wohl recht; jene, die vor vielen Jahren dieses Schild haben anbringen lassen. Aber was genau meinten die damit eigentlich? „Etwas Schönes“. Bedeutet das: Alle freuen sich über Sauberkeit? Oder: Die Geschäftsführung ist froh, dass sie nicht noch mehr Reinigungszeit bezahlen muss? Oder: Da äußert sich jemand mit starkem Hang zu Ordnung und Aufgeräumtheit?
Es heißt ja, die Eskimos hätten 40 verschiedene Wörter für Schnee. Das ist zwar so auch nicht ganz richtig. Aber es öffnet einem doch die Augen: Tatsächlich gibt es nicht nur den einen, immer gleichen Schnee. Es gibt: Neuschnee. Schneematsch. Pulverschnee. Harsch. Firn. Griesel.
Warum also nutzen wir sie nicht, unsere vielen, passenden Wörter? „Schatz, was wollen wir heute essen?“ – „Etwas Schönes!“ Das würde doch auch niemand sagen. Ich will Bratkartoffeln. Oder Gemüseauflauf.Wir haben so wunderbar passende Wörter. Damit kann man Dinge und Sachverhalte genau beschreiben – statt im Allgemeinen zu verharren.
Das nennt man unter Schreiberlingen „kraftvolle“ Sprache. Wenn man Dinge auf den Punkt bringt. Es kann einen himmelweiten Unterschied ausmachen, ob ich „Spaß“ habe oder „Freude“ empfinde. „Mag“ ich meine Frau – oder liebe ich sie? Ich höre den Wind – ja was? Rauschen? Wispern? Stürmen?
Noch 42 Tage bis Ostern. Zeit genug, um zu überlegen, ob wir dann dem allgemeinen Trend zum Gruß „Schöne Ostern!“ nicht mal wieder etwas Kraftvolleres entgegensetzen. Frohe Ostern! Oder: Gesegnete Ostern! (Was „Segen“ bedeutet? Siehe Leitartikel.)