Risse im Putz: St. Gertrud-Kirche neun Monate dicht

Die St. Gertrud-Kirche, ein Blickfang des Hamburger Stadtteils Uhlenhorst, wird saniert. Doch die Gemeinde hat bereits einen Ersatzort für die Gottesdienste.

Hamburg. Baulärm statt Orgelklang: In der St. Gertrud-Kirche werden in den kommenden Monaten die Bauarbeiter das Sagen haben. Mit einem musikalischen Festgottesdienst hat die Gemeinde Uhlenhorst am vergangenen Sonntag vorerst Abschied genommen. Mit der musikalischen Messe von Claudio Monteverdi (1567-1643) wurde ihnen das ein wenig versüßt. 
Die neugotische Kirche am malerischen Kuhmühlenteich wird für knapp neun Monate geschlossen. In den kommenden Monaten wird der Putz in den Gewölben entfernt und erneuert. Gemeindepastor Frie Bräsen rechnet mit Kosten von 800 000 Euro. 
Die Kirche hatte in den 60er Jahren einen schallschluckenden Putz erhalten, um die Akustik zu verbessern. Dieser hatte in jüngster Zeit Risse bekommen und beim Gemeinderat Befürchtungen aufkommen lassen, Putzteile könnten von oben fallen. Die Decke soll auch künftig schlicht weiß bleiben. Eine Nachahmung der ursprünglichen farbigen Innenbemalungen ist nicht geplant. 
In den nächsten Tagen soll in der Kirche mit dem Gerüstaufbau begonnen werden. Empfindliche Einrichtungsgegenstände wie Altar, Taufbecken und Orgel werden verpackt. 
Die Gemeinde feiert ihre Sonntagsgottesdienste in den nächsten Monaten in der benachbarten Seniorenresidenz (Heinrich-Hertz-Straße). Trotz der 100 Plätze könnte es dort zuweilen auch etwas eng werden, befürchtet Pastor Bräsen. Kleinere Andachten finden im Gemeindesaal statt. Die „Klangkirche“ verstummt erst einmal: Beim vorerst letzten Konzert hat Inga Rumpf am vergangenen Sonnabend noch einmal ihre Gospels zum Besten gegeben.
Die Kosten in Höhe von etwa 800 000 Euro wird die Gemeinde über einen Kredit finanzieren, der über mehrere Jahre abbezahlt wird. Sie hofft zudem auf Zuschüsse vom Denkmalamt. 
Offen ist noch, ob die Kirche auch eine neue Beleuchtung erhält. Ein entsprechendes Konzept wurde in Auftrag gegeben. Die Beleuchtung müsste wohl über Spenden finanziert werden.

St. Gertrud ist die wahre City-Kirche

Die Wurzeln der Gemeinde liegen am heutigen Gertrudenkirchhof in der City zwischen Mönckebergstraße und Binnenalster. Nach der Zerstörung der mittelalterlichen Kapelle durch den Großen Brand von 1842 wurde beschlossen, die Kirche in dem neuen Wohngebiet Uhlenhorst wieder aufzubauen.
Unter der Leitung des Architekten Johannes Otzen wurde der Backsteinbau 1886 eingeweiht. Der markante Kirchturm ist 88 Meter hoch und wird vor allem  von Turmfalken sehr geschätzt. Um die scheuen Vögel nicht zu verschrecken, wurde 2011 sogar die Turmsanierung verschoben. Bemerkenswert ist, dass Otzen 460 verschiedene Backsteinsorten verwendete. In St. Gertrud wurde unter anderem Altkanzler Helmut Schmidt 1918 getauft und 1934 konfirmiert. Ehefrau „Loki“ ließ sich hier kurz vor ihrer Hochzeit 1942 taufen. 
Eigentlich ist St. Gertrud auch die wahre City-Kirche von Hamburg. Das geografische Zentrum der Hansestadt befindet sich nicht etwa am Rathaus oder auf dem Grund der Alster, sondern in unmittelbarer Nähe der St. Gertrud-Kirche Uhlenhorst.
Der Termin für die Wiedereröffnung der Kirche steht indes bereits fest. Am Sonntag, 30. August, um 10 Uhr ist es für die Gemeinde soweit.