Regionalbischöfin weiht umgestaltete frühere Nazi-Glocke ein

Die Glocke mit dem Nazi-Symbol hatte in der Gemeinde für einen Streit gesorgt. Irgendwann hatten Unbekannte Tatsachen geschaffen – per Winkelschleifer.

So sah die Glocke früher aus
So sah die Glocke früher ausFabian Gartmann

Schweringen/Kr. Nienburg. Regionalbischöfin Petra Bahr weiht am Pfingstsonntag die stillgelegte und nun künstlerisch neu gestaltete Glocke der Schweringer Kreuzkirche ein. Die umstrittene frühere „Hakenkreuz-Glocke“ hat von zwei Nürnberger Künstlern eine neue Inschrift erhalten, wie ein Sprecher des Sprengels Hannover mitteilt. Die Künstler Hannes Arnold und Klaus-Dieter Eichler enthüllen zudem das von ihnen vor der Kirche errichtete Kunstwerk „Hörmal“. Corona-bedingt werde die Einweihung um 15 Uhr nur in einem kleinen, nichtöffentlichen Rahmen stattfinden.

Die rund 1.800 Kilogramm schwere Bronzeglocke aus dem Jahr 1934 war vor zweieinhalb Jahren stillgelegt worden, nachdem dort bei Nachforschungen ein eingegossenes Hakenkreuz entdeckt worden war. Danach kam es in dem 800-Einwohner-Dorf zu einem heftigen Streit darüber, ob die Glocke weiter läuten oder ausgetauscht werden sollte. Die Landeskirche bot einen Austausch an. Kurz vor Ostern 2018 stiegen Unbekannte unbemerkt auf den Kirchturm und frästen das 35 mal 35 Zentimeter große Hakenkreuz und Teile einer NS-Inschrift mit einem Winkelschleifer weg. Vor anderthalb Jahren wurde die Glocke offiziell entwidmet.

So sieht die Glocke jetzt aus
So sieht die Glocke jetzt ausTineke Jarecki / epd

Regionalbischöfin Bahr betonte, die kritische Beschäftigung mit der Glocke sei langwierig aber notwendig gewesen. „Nun herrscht Klarheit über ihre Geschichte. Die künstlerische Neugestaltung versteckt nichts davon, fragt nach Versöhnung und richtet den Blick so gleichzeitig nach vorn.“ Künftig könne die Schweringer Kapellengemeinde wieder mit vollem Glockengeläut zu Gottesdiensten einladen.

Schall wird reflektiert

Das rund 1,70m hohe Kunstwerk „Hörmal“ am Fuße des Kirchturms ist aus gemahlenem Klinker angefertigt, dem lokales Steinmaterial aus Schweringen zugesetzt wurde. In die quaderförmige Skulptur ist seitlich eine Öffnung eingearbeitet, die an die Gussform der Glocke erinnert. Spricht jemand in diese Aushöhlung hinein, wird der Schall reflektiert. Nach der Idee der Künstler sei der Betrachter so aufgefordert, seine Position zur Geschichte zu bedenken. In den Monolith ist zudem das Bonhoeffer-Zitat „Vergebung ist ohne Anfang und Ende“ eingraviert. (epd)