Reformationsfenster wird im nächsten Jahr eingebaut

Eigentlich wollte Altkanzler Schröder der Marktkirche ein großes Fenster spenden. Doch nach seiner umstrittenen Haltung zum Ukraine-Krieg winkte die Gemeinde ab – und hat nun eine Lösung gefunden.

So sieht das Fenster im Entwurf aus (Archivbild)
So sieht das Fenster im Entwurf aus (Archivbild)Jens Schulze / epd

Hannover. Die Marktkirche Hannover will das umstrittene, ursprünglich von Altkanzler Gerhard Schröder als Geschenk gedachte Reformationsfenster des Künstlers Markus Lüpertz im kommenden Jahr einbauen. „Das Fenster wird am Reformationstag, am 31. Oktober 2023, eingeweiht, die Bauarbeiten beginnen zum Spätsommer“, teilten Marktkirchen-Pastor Marc Blessing und Kirchenvorstandsvorsitzender Martin Gemeroth mit. Die von Schröder eingeworbenen Spenden waren zuvor aufgrund dessen Haltung zum Ukraine-Krieg umgewidmet worden. Sie sollen nun Geflüchteten aus der Ukraine zugutekommen.

Insgesamt hatte der Altkanzler für das 13 Meter hohe Fenster, das seit Monaten in einer Glasmanufaktur im hessischen Taunusstein lagert, 135.000 Euro gegeben. Dafür hatte er Honorare aus Vorträgen von seinen Auftraggebern an die Gemeinde spenden lassen. Die Marktkirche stoppte den Einbau im März mit der Begründung, Schröder habe sich nicht ausreichend vom russischen Angriffskrieg und Russlands Machthaber Wladimir Putin distanziert. „Es ist uns wichtig, Fenster und den Namen Schröder voneinander zu trennen“, sagte Stadtsuperintendent Rainer Müller-Brandes.

Spenden für Ukraine

Nur ein einziger Geldgeber habe seine Spende in Höhe von 15.000 Euro zurückverlangt, sagte Gemeroth. Damit stünden den ukrainischen Geflüchteten 120.000 Euro an Hilfsgelder zu. Sie sollen unter anderem für Deutschkurse, Ferienprogramme, Essensausgaben, einen Koordinator der Hilfsangebote sowie ein Gemeindehaus ausgegeben werden, das in Wohnungen für ukrainische Familien umgebaut werden soll. Weil das Geld aber bereits für das Fenster ausgegeben wurde, muss es erneut eingeworben werden. „Wir haben dafür bereits einige größere Zusagen“, sagte Blessing.


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Die Marktkirche setzt mit ihrem Entschluss einen Punkt hinter eine Kontroverse, die vor mehr als fünf Jahren zum Reformationsjubiläum 2017 begann. Damals wollte Schröder der Kirche ein Buntglasfenster für die Südseite der Marktkirche schenken, wo es sonst nur schlichte Verglasung gibt. Als Künstler beauftragte Schröder seinen Freund, den renommierten Maler, Grafiker und Bildhauer Markus Lüpertz.

Doch während sich viele über das Geschenk freuten, gingen andere auf die Barrikaden. Die eigenwillige Ästhetik von Lüpertz schreckte einige ab. Das Fenster zeigt neben vielen Symbolen zur Reformation auch fünf schwarze Fliegen, die für das Böse und die Vergänglichkeit stehen. Ein solches Fenster passe nicht in ein Haus des Glaubens, fanden die Kritiker und schlossen sich zu einer Initiative zusammen, um das Fenster zu verhindern.

Architekten-Erbe zieht vor Gericht

Unterstützt wurden sie vom Architekten-Erbe Georg Bissen. Er argumentierte nicht ästhetisch, sondern juristisch, und pochte auf die Urheberrechte seines verstorbenen Stiefvaters Dieter Oesterlen. Dieser hatte die Marktkirche nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut und bewusst in schlichtem Stil neugestaltet. Bissen klagte gegen den Einbau des Fensters, konnte sich aber in zwei Instanzen nicht durchsetzen.

Swantje Köhnecke, stellvertretende Kirchenvorstandsvorsitzende, betonte, dass das Fenster auch jetzt noch umstritten sei und nicht alle Gemeindemitglieder sich über die Ankündigung des Einbaus im kommenden Jahr freuen. Doch insgesamt sei der Ton versöhnlicher geworden.

Stadtsuperintendent Rainer Müller-Brandes sagte zur Kritik, dass die Fliegen auf dem Lüpertz-Fenster für das Böse stünden und der Mensch nicht nur umgeben vom Bösen, sondern auch Teil des Bösen sei. „Das Fenster passt aus meiner Sicht gut in die Zeit.“ (epd)