Psychologin: Mit Kindern nicht über Routine-Aufgaben diskutieren

Äußere Disziplin kann Sicherheit geben, innere Motivation für Selbstdisziplin sorgen: Beides brauchen Kinder nach Worten einer Psychologin. Und beides lasse sich auch in den Familienalltag einbauen.

Bestimmte Dinge sollten Eltern von ihren Kindern durchaus einfordern: Dazu rät die Psychologin Isabella Gölles. Es gebe “Dinge, die gemacht werden müssen, auch wenn sie keinen Spaß machen, wie den Müll rauszubringen”, sagte sie der “Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung”. Bei solchen Alltagsaufgaben sei es nicht ratsam, mit einem Kind zu diskutieren, ob dies jetzt sinnvoll sei.

Zudem brauchten Kinder Erfolgserlebnisse, die sie sich mit etwas Mühe selbst erarbeiten könnten. “Ein strukturierter Tagesablauf mit eingebauten Aufgaben kann dem Kind Sicherheit geben, während es in freien Phasen selbst entscheiden kann, was es tut oder wie es seine Zeit nutzt”, sagte die Expertin. So könnten Kinder sowohl eigenen Interessen nachgehen als auch lernen, Verantwortung zu übernehmen.

Kürzlich hat Gölles gemeinsam mit der Pädagogin Ursula Günster-Schöning das Buch “Disziplin. Schlüsselkompetenz des 21. Jahrhunderts” veröffentlicht. Im “Zeitalter der Ablenkungen” sei die Fähigkeit, “sich zu fokussieren und beharrlich an Zielen zu arbeiten”, essenziell für Erfolg und Gesundheit. Disziplin stehe für “Willenskraft, Ausdauer, Selbststeuerung, Einsatzbereitschaft und innere Stärke”. Diese Fähigkeit müsse ähnlich wie ein Muskel aktiviert und trainiert werden.

Wenn Erziehung beliebig werde, bereite sie dagegen nicht auf das echte Leben vor, mahnte die Autorin. “Einen starken Charakter entwickelt man nur, indem man Widerstände selbst überwindet, durch eigenen Antrieb oder durch kleine Hilfen. Und wenn man gar keine Latte gesetzt bekommt, dann nimmt man den Kindern die Möglichkeit, sich zu entwickeln.” Wer etwas Schönes entstehen lassen oder etwas erreichen wolle, etwa in einem Chor, müsse auf andere hören und sich in die Gruppe einordnen – und “stetig üben und jede Woche zur Probe gehen”.

Überzogener Ehrgeiz von Eltern und gequälte Kinder dürften jedoch nicht sein, betonte Gölles. “Es ist nicht gut, wenn das Kind das Gefühl hat, es kann sich den Selbstwert und die Anerkennung der Eltern nur über diese Leistung erarbeiten.” Wichtig seien vielmehr klare Regeln und zugleich Raum für Selbstbestimmung.