Protestantischer Protest

Quer durch Norddeutschland sind die Menschen für das Klima auf die Straße gegangen – und die Kirchen waren mittendrin. In Hannover sprach der evangelische Landesbischof Meister, bei der größten Demo in Hamburg war ein Kirchenblock vorn dabei.

Unter dem Motto "#allefürsKlima" ziehen die Demonstranten durch die Hamburger Mönckebergstraße
Unter dem Motto "#allefürsKlima" ziehen die Demonstranten durch die Hamburger MönckebergstraßeTimo Teggatz

Rund 70.000 Menschen sind in Hamburg für den Klimaschutz auf die Straße gegangen. Wie in vielen Städten weltweit folgten sie einem Aufruf der Bewegung „Fridays for Future“. Der bunte Demonstrationszug zog in einem etwa vier Kilometer langen Bogen um die Binnenalster. Auf einer Bühne vor der Europapassage fand die Abschlusskundgebung statt. Es gehe „um die Veränderung unseres Lebensstils, um eine ‚Ethik des Genug'“, sagte Pastorin Anne Freudenberg als Vertreterin der Christlichen Kirchen in Hamburg.

„Allen Menschen steht ein gutes Leben zu“, sagte Freudenberg. Doch die Menschen im globalen Süden seien härter von den Folgen des Klimawandels betroffen als wir – dabei würden sie am wenigsten dazu beitragen. „Viele Millionen Menschen sind aufgrund von Naturkatastrophen jährlich zur Flucht gezwungen. Fast jede Sekunde wird ein Mensch vertrieben.“ Der Klimawandel wirke wie ein Brandbeschleuniger auf die Krisenherde dieser Erde.

Um fünf vor zwölf läuteten die Glocken der Hauptkirchen St. Petri und St. Jacobi, „als Zeichen, dass es dringend Zeit ist, zu handeln“, wie das Zentrum für Mission und Ökumene (ZMÖ) mitteilte. Zu einer Andacht versammelten sich vor beiden Hauptkirchen jeweils etwa 100 Personen in lila T-Shirts und schlossen sich anschließend dem großen Demonstrationszug an. Das Motto der Kirchen war: „Go for Gerechtigkeit“. In einem Block liefen kirchliche Mitarbeiter vorn im Protestzug mit.

In Hannover war auch Landesbischof Ralf Meister (57) unter den etwa 30.000 Demonstranten. In einer kurzen Rede ermutigte Meister die Jugendlichen, weiter zu protestieren. „Eine von euch hat mir neulich gesagt: ‚Du gehörst zu einer Generation, die es verkackt hat'“, sagte er und stimmte der Kritik zu: Seine Generation habe zu lange ignoriert, was auf dem Spiel stehe.

Meister lobte den Ideenreichtum der Jugendlichen. Sie hätten den Älteren gezeigt, dass sie heute von der jüngeren Generation lernen müssten. Die Proteste müssten allerdings gewaltfrei bleiben, mahnte der Theologe. Der Einsatz für das Klima brauche einen langen Atem.

Etwa 15.000 Demonstranten waren laut Polizei in Kiel unterwegs: Schulklasse liefen nehmen den „Scientist for Future“, Verdi-Flaggen flatterten neben den Plakaten einer „Oma for Future“. Um fünf vor 12 ertönte die erste Rede aus den Lautsprechern vorm Rathaus. Die Route führte auch über den Theoder-Heuss-Ring, der wegen hoher Schadstoffwerte in Verruf ist.

Mit etwa 600 Teilnehmern hatten die Veranstalter in Greifswald gerechnet – es kamen nach Schätzungen der Polizei aber 1500. Großen Applaus gab es für die eindringliche Rede, die der Naturschützer und Stiftungsgründer Michael Succow auf der Kundgebung hielt: „Vernetzt euch, verweigert euch, diese Bewegung darf nicht von unseren Gegnern unterbunden werden!“, erklärte er. Er sei tief bewegt von „so vielen jungen Menschen, denen nicht egal ist, was aus der Zukunft wird“. „Es ist wie 1989“, verglich der Biologe: „Niemand hat es vorausgesagt, und auf einmal erhebt sich friedlich ein ganzes Volk.“

Für den Zug in Flensburg meldete die Polizei 3000 Demonstranten. Eine nicht genehmigte Blockade an einer Kreuzung wurde nach Androhung einer Räumung friedlich aufgehoben worden.

Auch Spiekeroog protestierte

In Schwerin beteiligten sich etwa 800 Demonstranten nach Angaben der Veranstalter an den Protesten. Die Route führte vom Pfaffenteich durch die Innenstadt zur Staatskanzlei und wieder zurück. Unter den Demonstranten waren mehrere Pastoren aus Schwerin und Umgebung.

In Oldenburg kamen 10.000 Teilnehmer, in Emden und Aurich jeweils bis zu 1.500. In Emden hatten Gastronomen Frühstücksgutscheine für die originellsten Banner ausgelobt. Den Auftakt im Nordwesten machte am Morgen die Nordseeinsel Spiekeroog. Dort versammelten sich rund 400 Schüler, Insulaner und Gäste am Hafen. (EZ/epd)