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Polens Regierung will gleichgeschlechtliche Paare anerkennen

Nach langen Differenzen bringt die Mitte-links-Koalition in Warschau die Einführung von Partnerschaftsverträgen für unverheiratete Paare auf den Weg. Ihr Gesetzentwurf bleibt aber hinter anderen Ländern zurück.

Als einer der letzten EU-Staaten bereitet nun auch Polen die rechtliche Absicherung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften vor. Die Mitte-links-Koalition von Ministerpräsident Donald Tusk stellte am Freitag in Warschau einen entsprechenden Gesetzentwurf vor. Unabhängig von ihrem Geschlecht sollen demnach zwei Menschen, die nicht heiraten können oder wollen, vor einem Notar oder einer Notarin einen individuellen Vertrag etwa zu Unterhaltsansprüchen und einer gemeinsamen steuerlichen Veranlagung schließen können.

Die Regelung gilt somit für heterosexuelle wie homosexuelle Paare. Im Fall einer späteren Heirat der beiden heterosexuellen Vertragspartner soll der Vertrag enden.

Tusk sprach von einem Kompromiss, “der niemanden begeistert, weder die Gegner noch die Befürworter progressiverer Lösungen”. Es sei jedoch ein “Schritt nach vorn”. Möglich sind demnach etwa auch die Befreiung von der Erbschafts- und Schenkungssteuer, die Zahlung einer Hinterbliebenenrente und der gegenseitige Zugang zu medizinischen Informationen. Ein gemeinsamer Name und die Adoption von Kindern blieben aber verwehrt.

Konservative und linke Abgeordnete der Koalition waren sich zuvor lange uneinig darüber, wie viele Rechte gleichgeschlechtliche Paare bekommen sollten. Die Initiatorinnen des Gesetzentwurfs, die linke Gleichstellungsstaatssekretärin Katarzyna Kotula und Urszula Paslawska von der konservativen Partei PSL, kündigten Gespräche mit dem rechtskonservativen Staatspräsidenten Karol Nawrocki an. Der Regierungsentwurf sei so formuliert, dass man mit Nawrocki über seine Zustimmung verhandeln und eine Einigung erzielen könne, sagte Kotula.

Polen ist neben Rumänien, Bulgarien, der Slowakei und Litauen eines von fünf EU-Ländern, die keine amtliche Eintragung von gleichgeschlechtlichen Paaren zulassen. Das sorgt zunehmend für Kritik. Der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs hatte im April dafür plädiert, dass Polen eine von zwei Männern in Deutschland geschlossene Ehe anerkennt.

Der Entwurf der polnischen Regierung heißt ausdrücklich nicht Partnerschaftsgesetz, sondern “Gesetz über den Status der nahe stehenden Person in einer Beziehung und den Vertrag über das Zusammenleben”. Die PSL bremste bisher weitergehende Vorschläge aus Tusks Fraktion KO und der Regierungspartei Lewica (Linke). Nun scheint eine Mehrheit im Parlament sicher. Der Staatspräsident könnte allerdings den Gesetzentwurf mit seinem Veto blockieren.

Die rechtskonservative Oppositionspartei PiS kündigte bereits ihren Widerstand an. Ihr Vorsitzender Jaroslaw Kaczynski bezeichnete den Entwurf als “ultralinke Lösung”, die die Familie als grundlegende Einheit angreife. “Der Vorschlag, Lebenspartnerschaften vor einem Notar zu schließen, ist nicht nur offensichtlich verfassungswidrig, sondern zielt auch darauf ab, die traditionelle Ehe durch Pseudopartnerschaften zu ersetzen”, schrieb Kaczynski auf der Online-Plattform X.