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Philosoph: Bergsteigen könnte Gesellschaft verbessern

Wer zu Gipfeln wandert, begibt sich mitunter in Gefahr. Diese zu überleben, erzeugt Dankbarkeit, wie der Philosoph Günter Seubold meint. Von dieser Erfahrung kann demnach die ganze Gesellschaft profitieren.

Die Gesellschaft würde sich elementar verändern, wenn mehr Menschen die Berge erlebten – davon ist der Philosoph Günter Seubold überzeugt. “Die Selbstverantwortung ist für einen Bergsteiger elementar. Das lernt man am Berg”, sagte der passionierte Alpinist der “Augsburger Allgemeinen” (Montag). Selbstverantwortung sei auch für die Gesellschaft wichtig: “Eine Gesellschaft ist ja dann gut, wenn nicht jeder die Einstellung hat, die anderen sollen gefälligst für mich etwas machen. Zunächst sollte jeder für sich einstehen.”

Seubold führte aus: “Das ist in der traditionellen christlichen Soziallehre das sogenannte Subsidiaritätsprinzip. Jeder ist zunächst für sich selbst verantwortlich. Erst wenn er, aufgrund welcher Umstände auch immer, das nicht mehr schafft, treten die anderen für ihn solidarisch ein. Aber man darf nicht die Einstellung haben, dass die anderen das alles schon machen und man selbst nichts leisten muss.”

Der Staat könne nicht alle Gefahren für den Einzelnen auf sich nehmen, fügte der Philosoph hinzu. “Das ist eine gefährliche Illusion, das geht nicht. Aber wir versuchen immer wieder, alles abzufedern. Das ist falsch. Wenn ich etwas aus meiner eigenen Kraft leisten kann, stärkt das das Selbstbewusstsein. Jemand, der in den Bergen auf sich selbst gestellt ist und die Herausforderungen und Gefahren, die ihm begegnen, überwindet, bekommt ein stärkeres Selbstbewusstsein. Der traut sich für sich selbst mehr zu und kann dadurch auch anderen mehr geben.”

Wesentlich bei seiner Gipfel-Passion ist für Seubold nach eigenen Worten das Risiko. “Ohne das Moment der Gefahr wäre für mich Bergsteigen, ja ich würde fast sagen, langweilig. Ich würde dann höchstwahrscheinlich nicht in die Berge gehen.” Warum die Gefahr für ihn wichtig sei? “Weil sie, wenn sie überwunden ist, ein sehr schönes Gefühl erzeugt: Dankbarkeit. Diese Dankbarkeit erzeugt eine neue Liebe zum Leben. Das war für mich der Grund, von den einfacheren Touren zu den schwierigeren Touren fortzufahren.”