Pastorin: Landwirte leiden unter Bürokratie und fehlendem Verständnis

Mangelnde Planbarkeit und zu viel Bürokratie sind nach Beobachtungen der Landeswirtschaftspastorin Cornelia Möller für Landwirtinnen und Landwirte eine große Belastung. „Dokumentation und Nachweise sind gut und richtig, sie müssen jedoch in einem angemessenen Verhältnis zur eigentlichen Arbeit bleiben“, sagte die Referentin für Land- und Ernährungswirtschaft für die Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Trotz des Entgegenkommens der Politik nach den massiven Bauernprotesten im Winter sei die Situation nach wie vor belastend, sagte Möller im Blick auf das Erntedankfest am 6. Oktober. „Schon während der Proteste wurde deutlich, dass die Streichung der Agrardiesel-Beihilfe nur der Tropfen war, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat.“ Inzwischen sei vorgesehen, die Agrardiesel-Beihilfe stufenweise zu streichen – und zwar so, dass es für die Landwirte planbar sei. Zugleich seien andere Entlastungen geplant.

Noch immer gebe es aber Regelungen, die praxisfern seien, zum Beispiel im Entwurf des neuen Tierschutzgesetzes. „Vieles darin wird seitens der Landwirtschaft unterstützt“, betonte die Pastorin. Doch es gebe auch schwer lösbare Herausforderungen. So solle etwa das Enthornen von Kälbern nur noch mit lokaler Betäubung erlaubt sein. Da nur Tierärzte dies übernehmen könnten, wäre der Aufwand sowohl für die Mediziner als auch für die Landwirte nicht realisierbar.

„Zudem sind oft die Zeiträume zwischen einer gesetzlichen Änderung und der nächsten zu kurz“, sagte sie. Wer in einen Stallumbau investiere und dafür einen Kredit aufnehme, um neuen gesetzlichen Vorgaben zu entsprechen, könne dies in der Regel nicht nach wenigen Jahren schon wieder tun. „Die Vorschriften ändern sich jedoch manchmal sehr schnell.“

Insgesamt gebe es eine Entfremdung in einer Gesellschaft, in der immer weniger Menschen in der Landwirtschaft tätig seien, sagte Möller. „Deshalb treten Landwirtinnen und Landwirte mehr als früher an die Öffentlichkeit und nehmen Gelegenheiten zum Dialog gerne wahr.“ Die Kirche unterstütze sie dabei. „Kirche wird in Politik und Gesellschaft gehört und kann sich dafür einsetzen, dass wir uns in Achtung voreinander und im gerechten Umgang miteinander für die Bewahrung der Schöpfung, würdige Lebensbedingungen für alle und den Frieden einsetzen.“

Die evangelische Kirche verpachte auch selbst Land an bäuerliche Betriebe, sagte Möller. Wirkliche Konflikte gebe es dabei selten. „Wenn man sich kennt und gemeinsam an einen Tisch setzt, kann man gerade im Bereich Umweltschutz sehr viel erreichen.“ Die hannoversche Landeskirche habe zudem „Agrardialoge“ eingeführt, zu denen sie die Pächter von kirchlichen Flächen und Kirchenvertreter einlade. Auch mit Beratungsangeboten wie landwirtschaftlichen Sorgentelefonen und Familienberatungen stehe sie den Landwirten zur Seite.