Ostern einmal politisch gesehen

Was wäre eigentlich, wenn Ostern ein politisches Phänomen wäre? Darüber macht sich Dr. Gönna Hartmann-Petersen Gedanken. Sie ist Pastorin in Kappeln (Schleswig-Holstein).

Der Predigttext des folgenden Sonntags lautet: „Dann werdet ihr euch freuen, die ihr jetzt eine kleine Zeit traurig seid in mancherlei Anfechtungen“ aus 1. Petrus 1, 3-9
Der Weiße Sonntag, so nennt man den Sonntag nach Ostern seit urchristlichen Zeiten. Die frisch Getauften durften in ihren weißen Taufgewändern die ganze Osterwoche hindurch alles mitmachen, was ihre Gemeinde so an gottesdienstlichem Programm veranstaltete. Am Weißen Sonntag finden deshalb heute noch in den katholischen Gemeinden die Kommunions- und Firmfestgottesdienste statt.
Ostern dauert an! Alles ist anders, alles ist neu.
Ein gutes Bild dafür ist die Pflanze, die aus dem völlig vertrockneten Wüstengrund emporwächst. Da war Leben, wo keiner es ahnte. „Korn, das in die Erde, in den Tod versinkt, Keim, der aus dem Acker in den Morgen dringt – Liebe lebt auf, die längst erstorben schien: Liebe wächst wie Weizen, und ihr Halm ist grün.“ So singen wir in der Passionszeit. Warum nicht auch in der Osterzeit, denn genau darum geht es für uns Christenmenschen: Leben bricht sich Bahn, die Dunkelheit ist vertrieben, und helles Licht leuchtet überall. Verwandlung. Veränderung. Und zwar radikal, das heißt von der Wurzel her.
Wenn Ostern ein politisches Phänomen wäre: Worin bestünde das Radikale? Es hätte bestimmt etwas zu tun mit Flüchtlingskrise, Rechtsruck, Orientierungsverlust.
Wenn Ostern ein politisches Phänomen wäre, würden wir diese Anfechtungen locker wegstecken, weil uns Großes blühte. Allumfassende Freude, kompromissloser Frieden.
Wenn Ostern ein politisches Phänomen wäre, dann würden wir die Krise als Chance nutzen und uns miteinander verbrüdern. Wir würden gemeinsam das Leben feiern und das Glück der Freiheit, auch der Freiheit von Angst und Terror! Vielleicht würde uns auch auffallen, dass die meisten von uns bisher eigentlich immer nur von Krise gesprochen haben, aber gar keine hatten, denn unseren Reichtum haben wir gar nicht teilen müssen bis heute. Braune Soße wäre wieder da, wo sie hingehört.
Wenn Ostern ein politisches Phänomen wäre, könnten wir damit anfangen, unsere Klage zu beenden. Neuer Schwung wäre möglich. Frischer Wind. Mensch, wenn Ostern doch ein politisches Phänomen wäre!
Unsere Autorin
Dr. Gönna Hartmann-Petersen
ist Pastorin in Kappeln (Kirchenkreis Schleswig-Flensburg).
Zum Predigttext des folgenden Sonntags schreiben an dieser Stelle wechselnde Autoren. Einen neuen Text veröffentlichen wir jeden Mittwoch.