Offene Ohren für Metal-Fans

Für Vikarin Katharina Schunck verschmelzen beim Wacken Open Air Beruf und Freizeit: Sie ist als Seelsorgerin auf dem Festival und gibt seelischen Beistand – auch für „harte Kerle“.

Betreut gern Heavy-Metal-Fans: Katharina Schunck hilft auf dem Festival in Wacken
Betreut gern Heavy-Metal-Fans: Katharina Schunck hilft auf dem Festival in WackenChristine Reimers

von Christine Reimers

Glückstadt. Wenn Katharina Schunck vom Wacken Open Air spricht, verändert sich ihr Tonfall. Dann wird die Begeisterung der angehenden Pastorin hörbar. „Ich komme nach Hause“, dieses Gefühl habe sie, wenn sie auf dem Festival ist. „Dort fühle ich mich wohl. Dort bin ich richtig, weil ich gebraucht werde“, sagt die Glückstädter Vikarin.
Die 27-Jährige arbeitet auf dem Gelände, wenn andere feiern. Denn sie ist im Leitungsteam des Landesjugendpfarramtes – und damit zuständig für die Seelsorge auf dem Festival.

Trotz langer Warteliste "reingerutscht"

Ausgewählt wurde sie für das Ehrenamt, weil die Theologin eine einjährige Zusatzausbildung in der Telefonseelsorge hat. 2010 bekam die evangelische Kirche die Anfrage von den Festival-Organisatoren, ob Seelsorger vor Ort sein können. Im ersten Jahr kamen fünf Pastoren und andere seelsorgerisch Tätige. Weil so viel zu tun war, gab es bereits ein Jahr später über eine Hamburger Zeitung einen Aufruf, in dem weitere Seelsorger gesucht wurden. Ein Mitstudent von Katharina Schunck las dies, sprach sie an und schickte für sie eine Bewerbung. „Ich bin da trotz langer Warteliste reingerutscht“, sagt sie. 2011 war sie das erste Mal dabei. In diesem Jahr ist das Team mit 19 Seelsorgern, darunter Pastoren und Therapeuten, vor Ort. Es wird auch eine telefonische Seelsorge in der Nacht angeboten. Die Helfer sind auf dem Gelände in einem Zelt vor dem Sanitätsbereich zu finden.

Hilfe bei Diebstahl und „Heul-Flash“

Die Bandbreite der Aufgaben ist groß. Einige der Festivalbesucher kommen ins Zelt, aber Katharina Schunck ist auch auf dem Gelände unterwegs. Erkennbar ist sie an ihrem T-Shirt mit der Aufschrift Seelsorge. „Manche sind einsam in der Masse“, sagt sie. Andere haben Konflikte mit Freunden, manche bekommen einen „Heul-Flash“. Betreuung brauchen auch Besucher, die bestohlen wurden. Und dann gilt es, bei Panikattacken zu helfen. Katharina Schunck: „Wir stehen auch hinter der Bühne und helfen, wenn jemand einen Kreislaufkollaps hat.“ Im Verhältnis zu den Besucherzahlen kommen weit mehr Frauen als Männer, die Beistand suchen.

Die Vikarin freut sich auf das Festival

Katharina Schunck reist einen Tag früher an und ist gespannt darauf, andere Ehrenamtliche wie die Sanitäter wiederzutreffen: „Es ist wie ein Klassentreffen.“ Und sie liebt die Musik, die in Wacken gespielt wird. Schon ihre Examensarbeit an der Universität Hamburg schrieb sie über die Seelsorge beim Wacken-Festival.
Auch die Unterbringung erinnert sie an Schulzeiten. Das Seelsorger-Team schläft im Wackener Gemeindehaus, auf Isomatten und im Schlafsack. Gearbeitet wird in Schichten bis zum Sonntag. Die junge Theologin ist für Freitag- und Sonnabendnacht von 21 bis 5 Uhr morgens eingeteilt. „Wacken ist für mich die beste Zeit im Jahr. Es kostet Kraft, aber ich ziehe auch total viel raus“, sagt sie. Die Begegnungen mit den Besuchern dort seien ungezwungener. Es ist für sie ein Ausnahmeort mit Gesprächen auf Augenhöhe. Ganz besonders freut sie sich auf das „Iron Maiden“-Konzert.