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Nur jeder dritte Mann bekommt Platz in Schutzeinrichtung

Im vergangenen Jahr haben 751 Männer, 40 Prozent mehr als 2023, Kontakt zu einer Männerschutzeinrichtung aufgenommen. Insgesamt mussten 256 Männer aufgrund von Vollbelegung abgewiesen werden, ein Anstieg um 92,5 Prozent, wie die Bundesfach- und Koordinierungsstelle Männergewaltschutz (BFKM) am Dienstag in Berlin mitteilte. 126 Männern (2023: 120) habe ein Platz angeboten werden können. Damit konnte nur ein Drittel der Männer, die Anspruch auf Schutz gehabt hätten, aufgenommen werden.

Mittlerweile gibt es den Angaben zufolge in sechs Bundesländern insgesamt 17 Gewaltschutzeinrichtungen für Männer. Sie halten zusammen 55 Plätze für Schutzbedürftige bereit.

Von den Täterinnen und Tätern waren demnach zwei Drittel (66 Prozent) weiblich und 24 Prozent männlich. In rund sieben Prozent der Fälle waren mehrere Personen verschiedener Geschlechter für die Taten verantwortlich. Ging die Gewalt von Frauen aus, so geschah dies in 89 Prozent der Fälle in bestehenden oder ehemaligen Partnerschaften. Etwas mehr als 18 Prozent der Bewohner gaben an, dass die Gewalt in einer homosexuellen (Ex-)Partnerschaft geschehen sei.

Insgesamt habe es sich bei knapp 70 Prozent der Fälle um Partnerschaftsgewalt gehandelt, bei knapp 29 Prozent um Gewalt innerhalb der Familie. Rund 39 Prozent der betroffenen Männer waren selbst Väter von Kindern.

Die Mehrheit der Betroffen hat den Angaben zufolge mehr als eine Gewaltform erlebt. In knapp neun von zehn Fällen (88 Prozent) wurde psychische Gewalt ausgeübt. Rund 71 Prozent der Betroffenen erfuhren körperliche Gewalt. Die Männerschutzeinrichtungen sind den Angaben zufolge grundsätzlich auf Aufenthalte von bis zu drei Monaten ausgelegt. Etwa 46 Prozent der Bewohner konnte innerhalb der regulären Aufenthaltszeit eine neue Lebensperspektive entwickeln. Mehr als ein Drittel der Bewohner benötigte einen längeren Aufenthalt.

Die Betroffenen hätten im Mittelwert zwei Jahre in einer gewalttätigen Beziehung gelebt, bevor sie Hilfe suchten. Eine Person, die im 2024 Schutz suchte, hatte bereits mehr als 30 Jahre in der gewalttätigen Beziehung verbracht. Männer würden seltener eine Schutzeinrichtung aufsuchen, sagte der Referent für Jungen- und Väterarbeit beim Sozialdienst katholischer Männer, Tobias Schiefer. Vorfälle würden sie als weniger schlimm abtun: „Das war ja nur eine Ohrfeige.“ Schiefer erklärte, das liege auch an Rollenbildern. Männer würden häufig nicht zugeben wollen, dass sie von ihrer Partnerin misshandelt werden.

Die BFKM fordert den Ausbau und die finanzielle Aufstockung des gesamten Hilfesystems zur Bekämpfung von Gewalt im sozialen Nahraum. Dafür empfiehlt sie mindestens 400 Plätze für Männer und Kinder, was einem Familienplatz je 200.000 Einwohnerinnen und Einwohnern entsprechen würde. Bislang gibt es nur in Bayern, Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen eine oder mehrere Männerschutzeinrichtungen.

Laut dem „Bundeslagebild Häusliche Gewalt“ des Bundeskriminalamts waren im Jahr 2024 neben knapp 136.000 Frauen auch mehr als 35.000 Männer von Partnerschaftsgewalt betroffen. Damit war rund jeder fünfte Betroffene ein Mann.