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NRW-Arbeitsagenturchef fordert Neuausrichtung der Vermittlung

Der Chef der Arbeitsagentur NRW, Roland Schüßler, plädiert für neue Regeln rund um die Arbeitsvermittlung. „Wir brauchen neue digitale Prozesse und eine höhere Praxistauglichkeit beim Datenschutz und den rechtlichen Rahmenbedingungen“, sagte der Vorsitzende der Geschäftsführung der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Printausgabe Mittwoch).

In vielen Fällen seien bei Arbeitssuchenden zunächst Gesundheitsthemen zu bearbeiten, bevor man mit der Arbeitsmarktintegration starten könne, mahnte Schüßler. Trotzdem müssten die Arbeitsagenturen diese Menschen einladen. Per Gesetz gelte jemand beispielsweise als erwerbsfähig, wenn er lediglich drei Stunden am Tag arbeiten kann, vielleicht nicht einmal am Stück und mit weiteren Einschränkungen. Es gebe keine Arbeitgeber, die jemanden unter diesen Bedingungen einstellen würden. „Und da sind wir nicht ehrlich miteinander. Diese Menschen gehören nicht vor unsere Schreibtische“, sagte Schüßler. Wissenschaftler des Instituts für Arbeitsmarktforschung schätzten, dass bundesweit etwa 200.000 Menschen „verdeckt erwerbsunfähig“ seien.

Datenschutz sei ein hohes Gut, dürfe aber kein Hemmschuh für die Arbeitsmarktintegration sein, erläuterte der Chef der Arbeitsagentur NRW. In Österreich beispielsweise gebe es für die Betreuung von Jugendlichen immer einen Datenaustausch zwischen Schule, Arbeitsverwaltung, Stadt, Wohnungsamt und Jugendamt. Dies müsse auch in Deutschland möglich sein, erklärte Schüßler. In Österreich gelte dieselbe europäische Datenschutzgrundverordnung. Schüßler mahnte zudem mehr Investitionen in die Berufsorientierung an. Wenn junge Menschen nicht ausbildungsfähig aus der Schule kommen, gebe es zwar zusätzliche Förderhilfen. „Aber die Arbeitsverwaltung kann dauerhaft kein Reparaturbetrieb sein für etwas, das vorher nicht geklappt hat.“ Deutlich mehr Unternehmen müssten frühzeitig in die Schulen geholt werden.

Bei Schwerbehinderten oder Menschen in der Wiedereingliederung seien Informationen von Rentenversicherung, Krankenversicherung, Landschaftsverbänden wichtig, aber auch da flössen nicht automatisiert Daten. Erschwert werde die Lage dadurch, dass die rein kommunalen Jobcenter andere IT-Systeme hätten als die Arbeitsagenturen und die Jobcenter in gemeinsamer Trägerschaft von Kommune und Bundesagentur. Deswegen gebe es keine vollständige Transparenz darüber, wer sich wo arbeitslos gemeldet habe oder was Arbeitgeber suchen, kritisierte Schüßler. „Was wir brauchen, sind gemeinsame digitale Prozesse.“