Neues Leben im alten Pfarrhaus

Vielerorts fusionieren Kirchengemeinden und Pfarrhäuser werden nicht mehr gebraucht. Daher hat sich in Rövershagen ein Verein gegründet, der Pfarrhaus und Kirche aus dem Dornröschenschlaf erwecken will.

Ein „Haus des Lebens“ soll das Pfarrhaus werden. Der Kirchengemeinderat freut sich, dass wieder Bewegung in die Gemeinde kommt.
Ein „Haus des Lebens“ soll das Pfarrhaus werden. Der Kirchengemeinderat freut sich, dass wieder Bewegung in die Gemeinde kommt.epd/Marion Wulf-Nixdorf

Rövershagen. Rövershagen an der B105 zwischen Ribnitz und Rostock. Hier hat man immer die Chance, im Stau zu stehen. Rund 2500 Einwohner zählt der Ort, viele Zugezogene, die morgens zur Arbeit nach Rostock fahren und abends zurück kommen. Es gibt eine Grundschule und die Europa-Schule, Einkaufsmöglichkeiten am Ortsrand und den Freizeitpark „Karls Erdbeerhof“ mit vielen Tausenden Besuchern im Jahr. Am Bahnhof halten Züge in Richtung Rostock, Stralsund und Graal-Müritz.

Auch eine Kirche gibt es in dem kleinen Ort, sie stammt aus dem 14. Jahrhundert. Kanzel und Triumphkreuz sind aus dem 16. Jahrhundert. Einmal im Monat findet hier ein Gottesdienst statt. Das nahe stehende Pfarrhaus steht leer. Erst 2019 waren rund 150.000 Euro in die Sanierung des Gemeindetraktes gesteckt worden. Aber der Pfarrsitz ist seit rund einem Jahr Graal-Müritz. Hier wurden vor ein paar Jahren Gemeindehaus und Pfarrhaus auf dem Kirchengelände neu gebaut, wo die zuständige Pastorin Katharina Gladisch seit Juni 2020 wohnt.

Gemeindeleben im Dornröschenschlaf versunken

Rövershagen hatte bis zum Eintritt von Pastor Manfred Gerhardt 2013 in den Ruhestand eine eigene Pfarrstelle. Dann wurde die Kirchengemeinde Rövershagen einige Jahre von Blankenhagen von Pastor Günter Joneit und von Bentwisch von Pastorin Astrid Gosch betreut – bis zu deren jeweiligen Ruheständen. Wieder wurde alles neu aufgeteilt: Die Kirchengemeinde Bentwisch kam zu Blankenhagen, Rövershagen und Graal-Müritz bilden einen Pfarrsprengel mit zwei Kirchengemeinderäten.

Hatte die Vorgängerpastorin in Graal-Müritz ihre Stelle noch zu 100 Prozent, bekam Berufsanfängerin Katharina Gladisch, die nach ihrem Theologiestudium in Rostock noch sieben Jahre an der Universität der Hansestadt arbeitete, nun gleich ehemals zwei Pfarrstellen.

Die Kirchengemeinde hat also so einiges erleben müssen in den vergangenen Jahren – und es wundert nicht, dass das Gemeindeleben mehr oder weniger im Dornröschenschlaf versank. Zu all dem kam auch noch die böse Überraschung, dass nach der Sanierung des Gemeindetraktes im Pfarrhaus im vergangenen Jahr plötzlich Hausschwamm sichtbar wurde. Also wieder Baustelle. Die Kosten: rund 50.000 Euro.

„Hier wohnte der liebe Gott allein“, meint die Pastorin

Aber dies soll nun vorbei sein: Als der frühere Leipziger Alexander Wolsza in Graal-Müritz mehr Kultur in die Kirche bringen wollte – es gibt aber schon eine Menge in dem Ostseeort, auch in der Kirche – lenkte sie ihn vorsichtig um: Da gibt es doch noch Rövershagen mit der alten Kirche, dem wunderschönen Pfarrhaus, dem riesigen Garten drumherum. Einmal gesehen und als „magischen Ort“ entdeckt, ist nun nicht nur Alexander Wolsza hellauf begeistert.

Besonders vom Dachboden, auf dem man kleine Veranstaltungen durchführen kann. Es wurde ein Verein gegründet mit dem vielsagenden Namen „genauSOunterwegs­“. So wie wir sind, so sind alle eingeladen. Das große S stehe auch für sozial und solidarisch, sagt Katharina Gladisch, das O für ökologisch und ökumenisch.

Erste Kulturwoche in der Kirche in Rövershagen

Nun soll es mit einer Kulturwoche losgehen. Am Freitag, 20. August, findet um 18 Uhr in Kirche und Pfarrhaus eine Vernissage mit Bildern von Maria Müller aus Greifswald statt, Corinna Stache wird tanzen. Das Thema der Ausstellung „Sehnsucht hab ich immer“.

Am Samstag wird um 19 Uhr zu Musik mit dem Kontrabassisten Akki Schulz und der Sängerin Anna Maria Zink eingeladen. Am Sonntag findet um 15 Uhr ein „Gottesdienst der anderen Art“ statt mit Theaterelementen und dem Posaunenchor aus Graal-Müritz unter der Leitung von Thomas Fischer. Danach lädt die Kirchengemeinde zum Gemeindefest mit Kuchen und Grill ein, auf dem der Neuanfang und die erneute Sanierung des Pfarrhauses gefeiert werden sollen. Um 18 Uhr können die Gemeindemitglieder und Gäste ihre Pastorin mit ihrem großen Hobby erleben: Das Kabarett „Theodorant“ lädt ein zum maßgeschneiderten Stück „Maskenball“.

Am Mittwoch, 25. August, 19 Uhr, ist Gesang von Liane Fietzke und am Klavier Norbert Fietzke zu hören. Die Kulturwoche endet am Samstag, 28. August, mit einem multimedialen Spektakel mit Film und Livemusik unter dem Thema „Von der Ostsee bis zu den Ozeanen“mit Holger Manthey aus Lübeck.

Verein und Kirchengemeinde haben viele Ideen

Ein Cafè soll im Pfarrgarten und -haus Menschen zusammenbringen, einige Tische und Stühle stehen schon unter den Bäumen. Hier kann man auch zelten, eine Feuerstelle ist bereits mit der Vereinsgründung eingeweiht worden – denn: „Wir wollen ein Feuer entfachen“, sagt Wolsza. Ein selbst gebauter Schwenkgrill steht zur Verfügung. Eine Sommerbühne soll gebaut werden. Im Haus soll eine Theater­werkstatt Raum haben. Denn nicht nur die Pastorin ist theaterbesessen, Kirchen- und Vereinsmitglied Edith Herkel, die seit 1992 im Ort wohnt, hat sogar eine theaterpädagogische Ausbildung.