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Neues Bündnis gegen Antisemitismus – Uschi Glas: “wenig Solidarität”

Es ist prominent besetzt, insgesamt sind es rund 200 Beteiligte: Ein Bündnis legt konkrete Forderungen vor, um Antisemitismus zu begegnen. Die Holocaust-Überlebende Charlotte Knobloch blickt auf Nahost.

Boykottaufforderungen in der Kultur und an Hochschulen sollen unterbunden und Aufrufe zur Vernichtung eines Staates, vor allem Israels, eindeutig als Straftat erfasst werden: Das sind einige der Forderungen eines neuen “Fünf-Punkte-Plans” gegen Antisemitismus. Am Donnerstag stellte das Bündnis “D-A-CH” entsprechende Forderungen vor. Damit richten sich die Mitwirkenden an die Politik und verlangen konkrete Maßnahmen gegen Antisemitismus in Europa. Zudem lädt das Bündnis zu einer Demonstration in München am 5. Oktober ein.

Beteiligt am Bündnis sind rund 200 jüdische Gemeinden, Organisationen und Kirchen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Hinzu kommen prominente Einzelpersonen wie die Literatur-Nobelpreisträgerin Herta Müller sowie die Schauspielerinnen Uschi Glas und Iris Berben.

Verlangt wird außerdem, den Straftatbestand der Volksverhetzung zu erweitern. “Die Schwelle zur Strafbarkeit soll gesenkt werden, um das jüdische Leben wirksam zu schützen”, hieß es. Veranstaltungen, bei denen Hass gegen Jüdinnen und Juden oder die Vernichtung Israels artikuliert werde, müssten konsequent untersagt werden. Synagogen und Gedenkorte müssten aktiv geschützt werden.

Immer wieder berichten Studierende davon, dass sie an jüdischen Feiertagen, an denen laut Religionsgesetz ein Schreibverbot herrscht, wichtige Prüfungen ablegen sollen. Wer sich aus religiösen Gründen gegen die Prüfung entscheidet, muss längere Studienzeiten in Kauf nehmen. Für manche Angestellten ist es schwierig, an solchen Tagen freizunehmen. Daher lautet eine weitere Forderung des Bündnisses, die Ausübung jüdischer Religionsfreiheit im Feiertagsrecht abzusichern. Arbeitnehmern dürften an anerkannten jüdischen Feiertagen keine Nachteile erwachsen – “mit Ausnahme eines etwaigen Verdienstausfalls für nicht geleistete Arbeitszeit”.

Das Bündnis setzt sich außerdem dafür ein, dass Kulturveranstaltungen jüdischer Organisationen sichtbar sein sollten und sicher stattfinden könnten. Gefordert werden auch “verbindliche Bildungsinhalte” zu jüdischem Leben und Antisemitismus sowie eine Vernetzung von Sicherheitsbehörden und Bildungsinstitutionen über Landesgrenzen hinweg.

Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern und Holocaust-Überlebende Charlotte Knobloch betonte, dass Zusammenhalt und Freiheit in der gesamten Gesellschaft gestärkt würden, wenn Antisemitismus weiter zurückgedrängt werde. Mit Blick auf stark gestiegenen Judenhass seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und dem anschließenden Gaza-Krieg sagte Knobloch, die Schirmherrin des Bündnisses ist, dass die Lage in Nahost lediglich ein Anlass für eine Eskalation von Hass auch anderswo in der Welt sei.

Die Schauspielerin Uschi Glas zeigte sich von der aktuellen Lage von Jüdinnen und Juden entsetzt: “Da ist nur ganz wenig Solidarität.” Für ihren Berufszweig habe sie eine Unwissenheit und Einseitigkeit vor allem bei jungen Leuten festgestellt. Der 7. Oktober und die Geiseln seien offenbar vergessen worden, im Mittelpunkt stehe vor allem die Situation im Gazastreifen.