Schwarz-rote Pläne: Die anstehende Anhebung der Beitragsbemessungsgrenzen wird von den Linken und vom Steuerzahlerbund kritisch bewertet. Der Sozialverband lenkt den Blick auf Steuerbetrüger.
Sozialbeiträge, Bürgergeld, Erbschaftssteuer – die Debatte um die geplanten Sozialreformen der schwarz-roten Bundesregierung hat am Wochenende weiter an Fahrt aufgenommen. So wurden die bekannt gewordenen anstehenden Erhöhungen der Beitragsbemessungsgrenzen in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung durch Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) kritisch kommentiert.
BSW-Parteichefin Sahra Wagenknecht bezeichnete diese als unzureichend. “Das ist halbherzig und wird nicht ausreichen, um die steigenden Sozialbeiträge zu stoppen”, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag). Dies bewege sich lediglich im Rahmen der normalen jährlichen Anpassungen der Beitragsbemessungsgrenzen.
“Warum zahlen Gering- und Normalverdiener auf ihr komplettes Einkommen Sozialabgaben und Spitzenverdiener nur auf einen Teil, meist sogar nur auf den kleineren?”, fragte Wagenknecht. Es sei inakzeptabel, dass Geringverdiener und die Mittelschicht weit überproportional den Sozialstaat finanzierten. Die Politikerin forderte den Einstieg in eine Bürgerversicherung: “Alle zahlen ein, und zwar proportional zu ihren Einkommen”, verlangte die BSW-Chefin.
Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel, sagte der “Bild”-Zeitung: “Finger weg von den Beitragsbemessungsgrenzen! Eine Erhöhung trifft vor allem Facharbeiter und Selbstständige – ihre Krankenversicherungsbeiträge steigen sofort, wenn die Grenze bald auf rund 70.000 Euro brutto klettert. Das ist eine automatische Mehrbelastung, ohne dass es automatisch Entlastungen bei den Steuern gibt.” Laut einem Referentenentwurf, über den das Portal “Politico” berichtete, soll die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung 2026 von 8.050 auf 8.450 Euro pro Monat steigen; bei der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung von 5.512,50 auf 5.812,50 Euro.
Der Sozialverband VdK hatte bereits vor dem Bekanntwerden der Pläne zur Beitragsbemessungsgrenze eine stärkere Beteiligung der Vermögenden an der Finanzierung des Sozialstaates gefordert. “Wir sehen Handlungsbedarf bei der Vermögens- und bei der Erbschaftssteuer”, sagte die Präsidentin Verena Bentele der “Neuen Osnabrücker Zeitung”. Sie warnte die Union vor einer Blockade.
Konkret sprach Bentele davon, große Schenkungen und Erbschaften ab zwei Millionen Euro höher zu besteuern und Steuerschlupflöcher zu stopfen. “Wenn die Regierung nur diejenigen zu Abstrichen zwingt, die ohnehin nicht viel haben, setzt sie den sozialen Frieden aufs Spiel”, sagte sie.
Sie kritisierte zudem die Forderung von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), beim Bürgergeld zehn Prozent der Ausgaben zu sparen: “Es ist Populismus, sich immer wieder auf Themen wie das Bürgergeld zu stürzen und schon konkrete Zahlen zu nennen.” Stattdessen wünsche sie sich die konkrete Zahl, wie viel Geld Merz durch die Bekämpfung von Steuerhinterziehung einnehmen wolle. “Laut Schätzungen geht es um 100 Milliarden Euro oder mehr, die dem Staat jedes Jahr entgehen”, so Bentele.
Der Koalitionsausschuss von Union und SPD hatte sich am Mittwoch darauf verständigt, dass bis Ende des Jahres Eckpunkte für eine Bürgergeldreform vorgelegt werden sollen, mit der der Druck auf die Bezieher erhöht werden soll. “In der aktuellen Debatte geht es fast ausschließlich um die wenigen Komplettverweigerer, die wirklich gar keine Arbeit annehmen, und nicht um die viel höhere Zahl etwa der Alleinerziehenden, die mit Bürgergeld ihr viel zu niedriges Gehalt aufstocken müssen, oder um Kinder und Jugendliche, die Sozialleistungen brauchen, um über die Runden zu kommen”, sagte die VdK-Präsidentin.