Mit Gebärden durch den Schleswiger Dom

Gehörlose und Hörgeschädigte können sich jetzt die Kirche erläutern lassen – bei Führungen in Gebärdensprache.

Am Taufbecken (v.l.): Pastor Reinhard Müller mit Dom-Führer Jörg Murawski, Pastor Michael Dübbers und Gebärden-Dolmetscher Jochen Kohner
Am Taufbecken (v.l.): Pastor Reinhard Müller mit Dom-Führer Jörg Murawski, Pastor Michael Dübbers und Gebärden-Dolmetscher Jochen KohnerAnja Pfaff

Schleswig. Statt „Taufstein“ zu sagen, legt Dom-Führer Jörg Murawski seine Hand vorsichtig und schützend auf seinen Kopf, das Wort „Pastor“ übersetzt er in Gebärden, indem er ein Beffchen am Hals nachzeichnet: Seit Kurzem bietet Murawski Führungen für Hörgeschädigte und Gehörlose im Schleswiger Dom an.
Je nach Kreis der Teilnehmer werden die Führungen zwischen einer und eineinhalb Stunden dauern. Maximal zehn Personen können teilnehmen. „Gerade für Gehörlose und Hörgeschädigte ist es wichtig, dass alle untereinander gut Blickkontakt behalten können“, erklärt Murawski, der es als Herausforderung sieht, religiöse Fachbegriffe in Gebärdensprache zu übersetzen.

Differenzierte Sprache

Auch wenn diese Sprache differenziert sei und zum Beispiel für einen „Steinaltar“ eine andere Gebärde benutzt werde als für einen „Holzaltar“, sei es nicht einfach, beispielsweise zu erklären, warum „die blaue Madonna“ genau diesen Namen trägt.
Um dies den Teilnehmern der Führungen dennoch zu vermitteln, greift Murawski, der früher als archäologischer Zeichner auf Schloss Gottorf gearbeitet hat, sowohl auf konkrete als auch auf abstrakte Gebärden zurück, notfalls auch auf Buchstaben, die mit Gebärden dargestellt werden. Auf die Idee, die allgemeinen Domführungen um dieses spezielle Angebot zu erweitern, ist Reinhard Müller gekommen, der seit 30 Jahren Pastor am Landesförderzentrum Hören und Kommunikation in Schleswig ist. Gleichzeitig ist er Pastor der Hörgeschädigtengemeinde im Kirchenkreis Schleswig-Flensburg, zu der der neue Dom-Führer Jörg Murawski gehört.

"Eine überfällige Ergänzung"

Pastor Reinhard Müller sagt: „Von zahlreichen Gemeindefahrten weiß ich, dass Jörg Murawski kulturell, geschichtlich und kunstgeschichtlich sehr bewandert ist. Da war es naheliegend, ihn als Ehrenamtlichen für die Führungen in Gebärdensprache an seinem Heimatort zu gewinnen.“ Es freut den Pastoren sehr, dass dieses neue Angebot im Schleswiger Dom zustande gekommen ist.
Der Vorsitzende des Kirchengemeinderates, Pastor Michael Dübbers, teilt die Freude von Müller: „Das ist eine überfällige Ergänzung unserer Domführungen und entspricht dem Auftrag der Inklusion, den wir als Kirche und Gesellschaft miteinander haben.“ Um das Angebot der Öffentlichkeit vorzustellen, war auch Gebärden-Dolmetscher Jochen Kohne bei dem Termin im Schleswiger Dom dabei – er übersetzte die Gebärdensprache von Jörg Murawski.
Info
Wer sich für Führungen für Hörgeschädigte und Gehörlose interessiert, kann sich für eine Terminvereinbarung direkt an Jörg Murawski wenden, entweder per Fax unter 04621 / 98 81 70 oder per E-Mail an jmurawski@gmx.de.