Mit der Wärmflasche unterm Ornat

Nicht alle Kirchengemeinden können zu Weihnachten mit geheizten Gotteshäusern dienen. Vom Kuhstall bis zur Wolldecke – es muss improvisiert werden.

Pastor Robert Pfeifer in der Lübecker St. Marienkirche
Pastor Robert Pfeifer in der Lübecker St. MarienkirchePrivat

Lübeck/Schleswig/Kaltenkirchen. Die Chancen auf weiße Weihnachten stehen schlecht. Sechs Grad und einen Sonne-Wolken-Mix prognostizieren die Wetter-Experten nach jetzigem Stand für den 24. Dezember. Kalt könnte es allerdings für einige Schleswig-Holsteiner trotzdem werden – und zwar im Weihnachtsgottesdienst. In der Lübecker St. Marienkirche rechnet Pastor Robert Pfeifer an Heiligabend mit fünf Grad Innentemperatur. „Es wird knackig kalt“, sagt er und rät den Besuchern, sich zum Krippenspiel um 15 Uhr genauso wie zur späten Christmette um 23.30 Uhr eine kleine Wärmflasche mitzubringen. Er selbst trage auch eine unter dem Ornat. „Das klappt wunderbar“, sagt Pfeifer.

Seit drei Jahren funktioniert in der Citykirche die Heizung nicht mehr. Ein Sanierungskonzept für den gesamten Innenraum der Backsteinkirche ist in Arbeit, bis zur Umsetzung bleibt die Kirche kalt. Weihnachten kommen die Menschen trotzdem, rund 1000 sind es pro Gottesdienst. Sie kuscheln sich in 600 Wolldecken, die die Kirchengemeinde mit Hilfe von Spenden angeschafft hat. Zwischen Januar und Ostern zieht die Gemeinde in die angrenzende Briefkapelle, die mit 16 Grad deutlich wärmer ist.

Nicht zu schnell aufheizen!

„Die Gemeinden wollen eine gewisse Behaglichkeit für die Besucher schaffen. Es geht aber nicht darum, dass man in T-Shirt und barfuß im Gottesdienst sitzen kann“, so der Umwelt-Pastor der Nordkirche, Jan Christensen. Für Gottesdienste empfiehlt er eine Temperatur zwischen zwölf und 16 Grad. Acht bis zehn Grad sollten es sein, wenn das Gotteshaus nicht genutzt wird. Extreme Temperaturschwankungen innerhalb kurzer Zeit gefährden das Holz der Bänke, die Textilien von Gemälden oder den Blasebalg der Orgel. Die Kirche sollte deshalb nicht schneller als ein Grad pro Stunde aufgeheizt werden.

Warm anziehen müssen sich in jedem Fall die Schleswiger. Der Dom steht wegen aufwändiger Sanierungsarbeiten für Weihnachtsgottesdienste nicht zur Verfügung. Ab Neujahr wird er voraussichtlich bis Ostern ganz geschlossen. An Heiligabend ist deshalb um 16.30 Uhr ein großer Open-Air-Gottesdienst auf dem Rathausmarkt geplant.

Auch die wesentlich kleinere evangelische Kirchengemeinde Nübel im Kreis Schleswig-Flensburg musste sich für Heiligabend eine Alternative suchen. Weil die Kirche saniert wird, feiert die Gemeinde um 16.30 Uhr in einem unbeheizten Kälbchenstall. Zwei Kühe gehören zu den Gästen, das Krippenspiel wird von Erwachsenen gestaltet – frei nach dem Motto: „Alles steht Kopf“.

Fein raus ist die Kirchengemeinde St. Severin in Keitum auf der Nordsee-Insel Sylt. Nach umfangreichen Sanierungen des Dachstuhls und des Innenraums in den Jahren 2017 und 2018 können die Gottesdienstbesucher an diesem Weihnachtsfest die Wärmflaschen zu Hause lassen. „Kalte Gottesdienste hatten wir mal, jetzt funktioniert die Heizung“, sagt Gemeindesekretärin Anja König.

So kalt sind die Kirchen in Kaltenkirchen

In der ebenfalls geheizten St. Jürgen-Kirche in Heide im Kreis Dithmarschen wird am Donnerstag, 26. Dezember, vorerst der letzte Gottesdienst gefeiert. Dann wird das Gotteshaus für etwa ein Jahr geschlossen, weil St. Jürgen zur Kulturkirche umgebaut wird,

Selbst in Kaltenkirchen im Kreis Segeberg sind die Gotteshäuser an Weihnachten warm – trotz des Ortsnamens. „Ich glaube nicht, dass wir für kalte Gottesdienste bekannt sind“, sagt Gemeindepastor Tilman Fuß und weist daraufhin, dass der genaue Ursprung des Kaltenkirchen (niederdeutsch: Koldenkarken) noch nicht erforscht ist. Lediglich im Oktober gab es kurzfristig Heizprobleme in der Michaeliskirche. Die konnten jedoch durch eine kleine Reparatur schnell behoben werden. (epd)