Milde Gaben

Über die Würde von Menschen auf der Straße schreibt Silke Ideker. Sie ist Hochschulpastorin in Lüneburg.

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Der Predigttext des folgenden Sonntags lautet: „Silber und Gold habe ich nicht, was ich aber habe, das gebe ich dir: Im Namen Jesu Christi von Nazareth steh auf und geh umher!“ aus Apostelgeschichte 3, 1-10

Ein junger Mann sitzt mit einem Pappschild neben einem Geschäft in der Innenstadt, darauf steht: „Ich habe Hunger.“ Passanten gehen an ihm vorbei, die meisten beachten ihn gar nicht. Bettler gehören zum Stadtbild – doch ihre Anwesenheit löst in einigen Unsicherheit, Unbehagen oder sogar Ablehnung aus.

Überlegen Sie auch, ob Sie einem Menschen, der bettelt, etwas geben sollen? Ist es okay, diese Menschen zu ignorieren, soll man ihnen Geld oder lieber Sachspenden geben? Kaufe ich mich mit meiner Gabe aus der peinlichen Situation nur frei? Oder ganz anders gefragt: Bräuchte der bettelnde Mensch nicht eigentlich etwas ganz anderes?

Als ein Gelähmter vor dem Tempel Petrus anbettelte, bekam er zu hören: „Silber und Gold habe ich nicht, was ich aber habe, das gebe ich dir: Im Namen Jesu Christi von Nazareth steh auf und geh umher!“ Und so geschah es. Der Mann stand auf und konnte gehen.

Diese Wundergeschichte lenkt unseren Blick nicht auf das, was der Bettler fordert, sondern auf das, was Petrus bereit ist zu geben. Es geht bei Wundern nicht um das Durchbrechen von Naturgesetzen, sondern um das Entsetzen und Aufmerken und um die Vision vom erfüllten Leben.

Es ist entsetzlich, dass Menschen auf der Straße leben und betteln. Es ist ein schmutziges Leben, das krank macht. Ja, es gibt sie, die Schmarotzer und Unangenehmen unter Bettelnden, aber die wenigsten sind freiwillig in diese Situation geraten.

Diese Menschen gehören nicht nur zum Straßenbild, sondern auch zu uns. Es sind Menschen, die eine Würde haben. Sie lassen uns aufmerken, dass Menschen durch die sozialen Netze unseres Staates hindurchfallen und Armut auch ein Aspekt unserer Gesellschaft ist.

„Im Namen Jesu Christi …“ soll das nicht sein und darf nicht so bleiben. Was sind wir bereit zu geben? Und was geschähe wohl, wenn wir diesen Menschen wirklich in die Augen blickten und in ihnen Gottes Ebenbild wahrnehmen? Möge Gott uns helfen, dass wir immer etwas Silber für die Menschen am Rande unseres Weges bereithaben.

Unsere Autorin
Silke Ideker ist Pastorin an St. Michaelis und Hochschulpastorin in Lüneburg