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Meldestelle beklagt erneute Ausgrenzung israelischer Musiker

Erst wurden die Münchner Philharmoniker wegen ihres designierten israelischen Chefdirigenten von einem Festival ausgeladen. Nun wird an ein israelisches Orchester kein Bassverstärker verliehen. Ein Verband schlägt Alarm.

 Antisemitische Vorfälle im Kulturbetrieb setzen sich laut der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (Rias) Bayern weiter fort. Israelische und jüdische Menschen würden zunehmend ausgegrenzt und boykottiert, teilte Rias Bayern am Donnerstag in München mit. Jüngstes Negativ-Beispiel sei das Antwortschreiben einer Münchner Firma für Tontechnik auf die Anfrage des israelischen Kfar Vradim Orchesters nach einem Bassverstärker. Dieser solle bei einer Großkundgebung gegen Antisemitismus am 5. Oktober auf dem Münchner Königsplatz genutzt werden, auf dem das Orchester einen Auftritt habe.

In der Antwortmail schreibe die Firma, man pflege freundschaftliche Beziehungen zu Jugendorchestern, “die israelische und palästinensische Kinder zusammenbringen, um sich für den Frieden einzusetzen”. Man arbeite “jedoch nicht mit orthodoxen Rabbinern zusammen, die eine aggressive Siedlungspolitik befürworten, nationalistische Lieder singen oder von ethnischen Säuberungen träumen”.

Und weiter habe es geheißen: “Wer heute den Wahnsinn in Gaza verteidigt, kann nicht unser Kunde sein, genauso wie wir nicht mit deutschen Nazis oder Rechtspopulisten zusammenarbeiten.” Zum Schluss sei das Orchester angefragt worden, wie es die aktuelle Situation in Gaza sehe, hieß es.

Rias-Bayern-Leiterin Annette Seidel-Arpaci erklärte: “Israelis werden per se verdächtigt und in Verbindung mit Nazis gebracht. Es wird impliziert, dass es mit jüdischen Orchestern aus Israel keine Zusammenarbeit geben kann – es sei denn, sie unterwerfen sich Gesinnungstests und distanzieren sich im Sinne vorgegebener Punkte.” Sie nannte eine solche Haltung skandalös, und sie komme von Menschen, die sich als “die Guten” betrachteten. “Niemand würde auf die Idee kommen, Ähnliches von einem Orchester aus einem anderen Land zu verlangen.”

Anfang September hatte das Flanders Festival Gent in Belgien die Münchner Philharmoniker mit ihrem designierten Chefdirigenten Lahav Shani, der jüdischer Israeli ist, ausgeladen. Als Grund gaben die Veranstalter an, dass Shani in seiner Haltung gegenüber der israelischen Regierung nicht eindeutig sei.

Der Dirigent bezeichnete die Absage später als bedauerlich. “Die Festivalleitung handelte unter dem Vorwand, dass ‘Musik eine Quelle der Verbindung und Versöhnung sein sollte’, wie in den Medien zitiert wurde”, so Shani weiter. “Doch damit entleerte sie die Aussage jeglicher Bedeutung, indem sie politischem Druck nachgab und von mir eine politische Stellungnahme verlangte, obwohl ich mich seit langem öffentlich für Frieden und Versöhnung einsetze.”