Mehr Mitsprache – weniger Geld

Weil die Einnahmen sinken, möchte die Martin-Luther-Gemeinde in Quickborn von ihren Mitglieder wissen, worauf sich die Arbeit konzentrieren soll. Noch ist die Resonanz übersichtlich.

Fragen über Fragen in der Martin-Luther-Gemeinde von Quickborn
Fragen über Fragen in der Martin-Luther-Gemeinde von QuickbornWikimedia Commons

Quickborn. Die Martin-Luther-Kirchengemeinde kann nicht mehr so weitermachen wie bisher. Die Kirchensteuereinnahmen sinken, und die Zahl der Mitglieder nimmt ab, wie das an vielen Orten der Fall ist. Aber worauf sich die Gemeinde konzentrieren soll, das möchte der Kirchengemeinderat nicht einfach vorgeben. Auch die Mitglieder sollen ihre Meinung äußern können. Deshalb hat nun eine Befragung der Gemeindemitglieder begonnen.

Im Gemeindebrief wurde die Befragung angekündigt. Beigefügt war ein Fragebogen, den die Gemeindemitglieder anonym ausfüllen und direkt im Kirchenbüro abgeben oder dorthin schicken können. Bei den Fragen geht es darum, welche Erwartungen sie haben und wie sie sich die Gemeinde vorstellen. Außerdem können sie Gottesdienste, Festgottesdienste, Amtshandlungen und andere Angebote wie Konfirmationsunterricht, Kinderkirche und Gesprächskreise bewerten.

Gemeinderat entscheidet

In Quickborn hofft man nun auf baldige Ergebnisse. Bislang seien allerdings erst wenige Rückmeldungen eingetroffen, berichtet Jan Decker vom Kirchengemeinderat. Die Gemeinde will deshalb in der nächsten Ausgabe des Gemeindebriefs noch einmal für die Befragung werben. Damit sich alle ein Bild machen können, sollen die Ergebnisse später ebenfalls im Gemeindebrief veröffentlicht werden. Der Kirchengemeinderat muss dann entscheiden, was die Gemeinde umsetzen und was sie dann leisten kann.

Personell tut sich einiges

Auch personell steht die Gemeinde vor einigen Veränderungen. Pastor Dietrich Kreller verlässt Ende August die Gemeinde, ­Pastorin Solveig Nebl-Banek ist aus der Elternzeit zurückgekehrt, arbeitet aber nur noch auf einer halben Stelle, Pastorin Caroline Raddatz kommt ab Herbst neu in die Gemeinde und übernimmt die anderen 50 Prozent.

Für die Gemeindemitglieder muss es nicht beim Ausfüllen des Fragebogens bleiben. Wer möchte, kann sich auch persönlich für die Zukunft der Gemeinde einbringen. „Wenn Sie uns darüber hinaus unterstützen möchten, sind Sie herzlich eingeladen“, heißt es dazu im Gemeindebrief.

Auch Rauhes Haus fragte nach

Eine ähnliche Umfrage hat die Agentur des Hamburger Rauhen Hauses deutschlandweit bereits 2017 durchgeführt, als sie hauptamtliche Mitarbeiter in 436 evangelischen und katholischen Gemeinden befragte. 90 Prozent sagten damals, die Kirche sollte gerade angesichts der heutigen Spaltungstendenzen in der Gesellschaft Menschen zusammenführen. Die Stimmung an der Basis ist dabei nicht schlecht: Befragt nach der Gesamtsituation ihrer Gemeinde gab es im Durchschnitt die Note 2,8.

Die Mehrheit der Befragten nannte Nachwuchsmangel und Überalterung als drängendstes Problem für die Gemeindearbeit. Schwierig ist die Nachwuchssuche vor allem für langfristige Ehrenämter, weniger dagegen für befristete Gemeindeprojekte. 51 Prozent gaben an, dass in die Gottesdienst kaum noch Menschen unter 60 kommen. Familien würden nur noch bei besonderen Gelegenheiten den Weg in die Kirche finden. Dass so wenig Jugendliche kommen, liege vor allem an den alten Liedern, sagten 47 Prozent.

Optimismus bleibt

Nur wenige glauben noch an eine Volkskirche, die Menschen über alle Altersstufen und sozialen Milieus hinweg bindet. 65 Prozent sehen dies als Auslaufmodell. Veranstaltungen mit Event-Charakter könnten helfen, diesen Trend zu stoppen, sagten 47 Prozent. Nur 18 Prozent sehen darin eine „Anbiederung an den Zeitgeist“. 72 Prozent setzen auf neue Gottesdienste, die statt äußerer Tradition mehr Wert auf eine emotionale Ansprache legen.

Ihren Optimismus haben die Kirchengemeinden offenbar dennoch nicht verloren. 48 Prozent der Befragten haben ein wachsendes Bedürfnis in der Gemeinde nach spirituellen Inhalten wahrgenommen. Allerdings müssten sich die Gemeinden dafür auch öffnen. 65 Prozent sind der Meinung, dass die Kirche neue spirituelle Zugangsformen erschließen müsse, 61 Prozent wünschen sich Neuansätze für Gottesdienste.