Mehr Hilfe für Obdachlose gefordert

Für die bis zu 550 Obdachlosen in Hannover werde zu wenig getan, kritisiert Georg Rinke vom Magazin „Asphalt“. Für Passanten hat er einen einfachen Tipp.

Rolf Zöllner / epd

Hannover. Im Wettbewerb um den Titel Europäische Kulturhauptstadt 2025 muss sich Hannover nach Ansicht von Georg Rinke vom Straßenmagazin „Asphalt“ noch mehr für Menschen am Rand der Gesellschaft einsetzen. „Kultur heißt eben nicht nur Kunst, sondern es geht auch um den Umgang der Menschen miteinander“, sagte Rinke im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) im Vorfeld einer Podiumsdiskussion. Das zeige sich auch im Umgang mit Obdachlosen in den Innenstädten.

In der niedersächsischen Landeshauptstadt schlafen Rinke zufolge rund 350 bis 550 Obdachlose auf der Straße, noch zehnmal mehr Menschen seien wohnungslos. Sie kämen bei Freunden oder Bekannten unter, immer in der Angst, doch auf der Straße zu landen. Ihre Not bleibe oft unbemerkt, kritisierte Rinke. „Die Verwaltung weiß, wie viele Fische im Maschsee sind, aber über diese Menschen gibt es keine Statistik.“

Abrutschen aus der Wohnungslosigkeit, psychische Probleme, Drogen- und Alkoholkonsum – es gebe viele individuelle Gründe, warum jemand obdachlos werden könne, sagte Rinke. Neu hinzugekommen seien Menschen aus Südosteuropa, die in Deutschland gestrandet seien. Mit Aussicht auf Arbeit ins Land gelockt, würden viele mit Knebelverträgen ausgebeutet. „Dann werden sie entlassen und landen auf der Straße“, erläutert Rinke. Sie hätten keinen Anspruch auf Sozialleistungen und könnten sich auch keine Rückfahrt in ihre Heimat leisten.

„Sprechen Sie mit Obdachlosen!“

Das Hauptproblem sei fehlender Wohnraum, betonte Rinke. Dringend müsse die Stadt mehr Sozialwohnungen schaffen. Kleinere Initiativen wie ein Housing-First-Projekt einer Stiftung, die in Zusammenarbeit mit der Stadt 15 Unterkünfte schaffen wolle, reichten nicht. Auch die sogenannten „Little Homes“ – kaum mehr als drei Quadratmeter kleine Hütten – kritisiert Rinke: „Das sind keine adäquaten Unterbringungen, und so etwas kann nicht unser gesellschaftlicher Anspruch sein.“

Rinke forderte zugleich alle Bürger auf, mögliche Hemmschwellen zu überwinden und auf Menschen auf der Straße zuzugehen: „Sprechen Sie mit Obdachlosen, viele suchen Kontakt.“ Keiner sollte ihnen jedoch ungefragt Essen oder Kaffee vorsetzen. „Es sind selbstbestimmte Erwachsene, die man vorher fragen muss, ob man ihnen etwas Gutes tun kann.“ Hilfe zur Selbsthilfe biete das Straßenmagazin. Die Verteiler von „Asphalt“ dürften die Hälfte des Verkaufspreises behalten. Wer sich die Kontaktaufnahme nicht zutraue, könne an lokale Hilfsorganisationen spenden. „Nur nichts machen oder weggucken hilft niemandem.“ (epd)