Mediziner: Krankenhausreform vergisst Sterbenskranke

Palliativmediziner schlagen Alarm: Die geplante Krankenhausreform nimmt zu wenig Rücksicht auf die Versorgung sterbenskranker Menschen.

Nicht nur Krebspatienten, sondern auch schwerkranke Menschen mit kardiologischen, neurologischen, intensivmedizinischen und psychiatrischen Krankheitsbildern benötigen aus Sicht von Medizinern eine bessere Begleitung und Versorgung am Lebensende. Das fordert die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) zum Auftakt ihres Kongresses am Donnerstag in Aachen. Sie sieht große Mängel bei der geplanten Krankenhausreform.

“Aktuell erscheint die Zukunft der stationären Palliativversorgung nicht gesichert”, betonte DGP-Präsidentin Claudia Bausewein. Im derzeitigen Gesetzentwurf zur Krankenhausreform sei weder der palliativmedizinische Versorgungsbedarf auf Palliativstationen hinlänglich einbezogen noch fänden sich die insbesondere für Krankenhäuser ohne Palliativstation außerordentlich wichtigen Palliativdienste dort wieder. “Das bedeutet für die zukünftige Praxis das Risiko, dass schwerkranke Patientinnen und Patienten auf Normal- und Intensivstationen nicht ausreichend palliativmedizinisch mitversorgt werden.”

Auch der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krebshilfe, Gerd Nettekoven, zeigte sich mit Blick auf die Krankenhausreform besorgt: “Wir dürfen die in den letzten vier Jahrzehnten in der onkologisch-palliativen Versorgung schwerstkranker Menschen mühsam errungenen, beispielhaften Entwicklungen nicht gefährden.” Eine qualitativ gute Palliativmedizin in allen medizinischen Bereichen und flächendeckende Versorgungsstrukturen seien gerade jetzt notwendig, um dem immer größer werdenden Bedarf an palliativmedizinischer Versorgung in Deutschland Rechnung tragen zu können.

Auch bei der ambulanten Palliativversorgung drohen aus Sicht der Experten Lücken nicht nur im Hinblick auf den Fachkräftemangel. DGP-Geschäftsführer Heiner Melching sagte: “Wir müssen auch die Notfallversorgung stärker in den Blick nehmen: Es fehlt ein Bindeglied zu einer Adhoc-Palliativversorgung, wenn Notärztinnen und Notärzte auf schwerstkranke Menschen treffen.”

Palliativmedizin ist die Behandlung von Patienten mit einer nicht heilbaren, weit fortgeschrittenen Erkrankung mit begrenzter Lebenserwartung, beispielsweise Krebs, Demenz oder Aids. Ziel ist dabei nicht mehr die Heilung, sondern die Linderung von Schmerzen und die Sicherung möglichst hoher Lebensqualität. Dazu gehört nicht nur Schmerztherapie, sondern auch die psychologische und spirituelle Begleitung der Patienten und ihrer Angehörigen.