Manege frei für die Jugend!

Jugendarbeit geht überall, dachte sich zwei Gemeinden nahe Hamburg – und legten sich einen ausrangierten Zirkuswagen zu. Eine gute Idee, aus mehreren Gründen.

So sah der Zirkuswagen aus, als die Gemeinden ihn kauften
So sah der Zirkuswagen aus, als die Gemeinden ihn kauftenPrivat

Aumühle. Zehn Meter lang ist der Wagen des „Circus Fliegenpilz“, den die Glückspilze aus der Jugendarbeit der Kirchengemeinden Wohltorf und Aumühle nach langer Suche in Hameln gefunden haben. Derzeit steht er in der Kirchengemeinde Aumühle und wird nach und nach von den Jugendlichen und vielen Helfern aufgearbeitet. „Das ist ein sehr schönes Projekt“, sagt Betreuerin Lisa Feil.

Denn abgesehen von dem originellen Gefährt, mit dem die Jugendlichen auch zu Aktionen und Gemeindefesten in der Region fahren können, ist schon das Projekt selbst mit vielen positiven Aspekten besetzt. Man sei im Team füreinander da, entwickele Ideen, werfe die auch mal wieder über den Haufen und erlebe dabei ein sehr schönes gemeinsames Arbeiten, so Lisa Feil.

Veränderung tut gut

Diese Erfahrung machen auch die Jugendlichen. „Das fing alles mit ­einem Brainstorming an“, berichtet Frederike Warners vom Jugendteam. „Wir wollen etwas machen, um die Gemeinde zu repräsentieren und zu zeigen: Hier passiert noch was.“ Wenn sie nichts gemacht hätten, hätte die Gefahr bestanden, dass die Jugendarbeit irgendwann eingeschlafen wäre. Kirche sei aber auch für Veränderung gut, so die Jugendliche.

Marlene Weyrauch, Rebecca Lekebusch, Betreuerin Lisa Feil und Frederike Warners (v.l.) vor den Resten des Zirkuswagens. Sein Dach soll er wiederbekommen
Marlene Weyrauch, Rebecca Lekebusch, Betreuerin Lisa Feil und Frederike Warners (v.l.) vor den Resten des Zirkuswagens. Sein Dach soll er wiederbekommenMarieke Lohse

„Ich finde, dass das Kirchenimage oft veraltet ist und eingerostet.“ Dagegen wolle man nun den Zirkus­wagen setzen, der viele weitere Vorteile habe, so Frederike Warners. So sei er auch jetzt schon ein Treffpunkt für die Jugendlichen, obwohl er noch gar nicht fertig sei. „Wenn man sich zu acht oder zu zehnt trifft, braucht man Platz“, erklärt Rebecca Lekebusch. So haben die Jugendlichen schon am Wagen gegrillt, obwohl der noch in der Umbauphase ist.

Das Projekt selbst, dem Menschen jeden Alters von Grundschülern über Jugendliche bis zu Erwachsenen angehörten, wirke bereits jetzt als verbindendes Element. „Wenn man hinkommt, um zu schauen, findet man eigentlich immer eine Aktion, an der man sich beteiligen möchte“, so Rebecca Lekebusch. Denn das Team habe verschiedene Untergruppen gebildet, die zu bestimmten Schwerpunkten arbeiten.

„Man wächst über sich hinaus“

So gebe es ein PR-Team, das sich um die Öffentlichkeitsarbeit kümmert und das Projekt mit Artikeln und einem Instagram-Account begleitet. Ein Kreativteam mache sich in Workshops Gedanken über die Gestaltung und die Einrichtung des Zirkuswagens und lasse sich dabei auch von einer Designerin und einer Innenarchitektin beraten, erzählt Rebecca Lekebusch. So sei beispielsweise jetzt schon eine kleine Küche geplant, um auch gemeinsam kochen zu können. Dazu komme ein Planungs- und Orgateam, das das mache, was der Name schon sagt, und dem alle angehören. „Und es gibt das Bauteam, das den Bau plant und uns samstags anleitet.“

Von dem Projekt profitierten alle. „Man wächst über sich hinaus und lernt dazu“, hat Rebecca Lekebusch erfahren. So habe sie vorher nie auch nur im Traum daran gedacht, mal eine Flex in die Hand zu nehmen, aber genau das mache sie jetzt. „Dabei kann jeder sein, wie er will, und seine Stärken ausleben“, ergänzt Marlene Weyrauch. Man lerne neue Leute kennen, mit denen man sonst nie etwas zu tun gehabt hätte, sei offen für Neues, erlebe Lustiges, singe zusammen und unternehme viel gemeinsam. So sei jetzt schon eine kleine Gemeinschaft entstanden. „Dahinter stehen auch Werte“, sagt Marlene Weyrauch. Sie wollten eine Gemeinschaft sein, die offen ist für alle, Toleranz sei ihnen wichtig, christliche Werte, aber auch Nachhaltigkeit.

Altes Dach kommt wieder

So viel wie möglich soll deshalb von dem alten Wagen aufgearbeitet und wiederverwertet werden. Der sei zunächst auseinandergenommen worden, solle aber sein altes Dach wiederbekommen. Wie genau er einmal aussehen wird, ist noch offen. Vielleicht wollten sie ihn mit Holz rustikal einrichten, vielleicht auch mit Metallwänden den alten Zirkuswagencharme wiederherstellen. Zeitdruck hätten sie nicht: „Es ist auch eine Erkenntnis, dass man sich Zeit lassen und Spaß haben kann“, betont Marlene Weyrauch.