Mehr als ein Drittel der Menschen in Baden-Württemberg fühlen sich einsam. Zu diesem Schluss kommt eine repräsentative Studie, nach der insgesamt rund 30 Prozent der Befragten angeben, „moderat einsam“ und acht Prozent sogar „stark einsam“ zu sein. „Die Studie zeigt: Einsamkeit beeinflusst unser Wohlbefinden und geht mit zahlreichen gesundheitlichen und gesellschaftlichen Risiken einher“, sagte Sozialminister Manne Lucha (Grüne) bei der Vorstellung der Studie am Montag bei der Landespressekonferenz in Stuttgart.
Einsamkeit fördere den Rückzug aus der Gesellschaft und führe zu Vertrauensverlust in politische Institutionen. Es sei wichtig, dass sich die gesamte Gesellschaft mit dem Thema Einsamkeit beschäftige. „Einsamkeit hat viel mit Achtsamkeit sich selbst und anderen gegenüber zu tun“, so Lucha. Für die Studie wurden im Sommer 2025 insgesamt 1.842 Personen befragt. Sie fand unter der Leitung der Bertelsmann-Stiftung statt und wurde vom baden-württembergischen Sozialministerium finanziell unterstützt.
Einsamkeit kam der Studie zufolge in allen Altersgruppen vor, allerdings waren Personen im mittleren Erwachsenenalter zwischen 30 und 65 Jahren am stärksten betroffen, während ältere Menschen über 65 Jahren die niedrigsten Werte aufwiesen. So berichteten in der mittleren Altersgruppe 32 Prozent von moderater und 10 Prozent von starker allgemeiner Einsamkeit, während bei den Senioren über 65 Jahren 26 Prozent von einer moderaten und sechs Prozent von starker Einsamkeit sprachen. Dies zeige, dass Einsamkeit alle Altersgruppen durchziehe und nicht nur ein Problem von älteren Menschen sei, sagte Maike Luhmann, eine der Autorinnen der Studie, die an der Universität Bochum zu Einsamkeit forscht.
Menschen mit niedrigem Einkommen unter 2.000 Euro gaben signifikant häufiger an, moderat einsam (39 Prozent) oder stark einsam (13 Prozent) zu sein als Befragte mit höherem Einkommen. 54 Prozent der Befragten, die nach Deutschland zugewandert sind und somit einen direkten Migrationshintergrund besitzen, fühlten sich entweder moderat oder stark einsam, gegenüber 34 Prozent der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund. Menschen mit höherer Bildung sind weniger einsam: Aus der Gruppe, die ein Abitur oder einen höheren akademischen Abschluss besaß, fühlten sich nur sechs Prozent „stark einsam“, ohne Schulabschluss waren es 28 Prozent.
Ein Fünftel der Personen, die ihre Gesundheit als schlecht einschätzen, berichtete von starker Einsamkeit während bei Menschen mit gutem Gesundheitszustand nur vier Prozent von starker Einsamkeit sprachen. Regional zeigten sich keine Unterschiede in der Verbreitung von Einsamkeit.
Die Studie stellte auch einen Zusammenhang zwischen Demokratiezufriedenheit und Einsamkeit her: Je zufriedener die Befragten mit dem Funktionieren der Demokratie hierzulande waren, desto weniger einsam fühlten sie sich: Bei den Befragten mit hoher Demokratiezufriedenheit waren nur fünf Prozent „stark einsam“, bei denjenigen mit niedriger Demokratiezufriedenheit 13 Prozent.
Einsame Menschen hatten der Studie zufolge zudem andere Verhaltensmuster als nicht oder weniger einsame Menschen: Sie nutzten Medien länger, engagierten sich seltener politisch und besuchten seltener soziale Treffpunkte. Gleichzeitig berichteten sie von fehlenden Unterstützungsangeboten und Ansprechpersonen im direkten Wohnumfeld.
Anja Langness, Gesundheitsexpertin der Bertelsmann Stiftung, sagte, überall dort, wo Menschen zusammenkommen, etwa in Vereinen, Kirchengemeinden und in der Nachbarschaft, entscheide sich, ob sich jemand zugehörig fühlt oder nicht. Außerdem sei Einsamkeit vor allem bei jungen Menschen ein schambesetztes Thema. Das müsse sich ändern. (2790/03.11.2025)