Leihmutterschaft: Landeskirche muss Domkantor weiterbeschäftigen

Die Landeskirche Braunschweig hat ihrem Domkantor gekündigt, weil dieser eine Leihmutterschaft beauftragen wollte. Doch die Kündigung ist ungültig, entscheidet ein Gericht. Ausgestanden ist die Sache damit aber nicht.

Der Braunschweiger Domkantor Gerd-Peter Münden
Der Braunschweiger Domkantor Gerd-Peter MündenPeter Sierigk / epd

Braunschweig. Die braunschweigische Landeskirche muss nach einem Gerichtsbeschluss ihren Domkantor Gerd-Peter Münden weiterbeschäftigen. Die Landeskirche hatte ihm gekündigt, weil er eine Leihmutterschaft im Ausland beantragen wollte. Das Arbeitsgericht Braunschweig hat entschieden, die Kündigung sei unwirksam. Es lägen keine Loyalitätspflicht-Verletzungen oder andere Gründe für eine außerordentliche Kündigung vor, sagte Richter Patrick Poltorak.

Die Landeskirche hatte Münden vorgeworfen, eine kommerzielle Leihmutterschaft sei mit den ethischen Grundsätzen der Kirche nicht vereinbar. Der Rechtsanwalt der Landeskirche, Matthias Sandmaier aus München, kündigte an, Berufung gegen das Urteil vor dem Landesarbeitsgericht in Hannover einzulegen. Das Verhalten Mündens erschüttere die Glaubwürdigkeit der Kirche erheblich. Mit einem Mitarbeiter wie ihm könnten die Werte der Kirche nicht glaubhaft vermittelt werden.

Kommerziell oder altruistisch?

Münden (56) wollte gemeinsam mit seinem aus Kolumbien stammenden Ehemann (33) in dem lateinamerikanischen Land zwei Leihmütter beauftragen. Im Zentrum des Prozesses stand die Frage, ob die angestrebte Leihmutterschaft kommerzieller Natur sei. Münden betonte, dass für ihn stets nur die altruistische Leihmutterschaft infrage gekommen sei. Niemals würde er die wirtschaftliche Not von Frauen ausnutzen, um seinen eigenen Kinderwunsch zu erfüllen.

Gerd-Peter Münden mit seinem Ehemann Esteban Builes-Münden
Gerd-Peter Münden mit seinem Ehemann Esteban Builes-MündenPeter Sierigk / epd

Mündens Anwalt, Bernhard Baumann-Czichon, betonte überdies, dass es keine konkreten Pläne für eine Leihmutterschaft gegeben habe, sondern nur Überlegungen, eventuell eine solche einzugehen. Nur Handlungen könnten zu Sanktionen führen. „Wir wollen doch keine Gedankenpolizei.“

Der Braunschweiger Oberlandeskirchenrat Christoph Goos argumentierte dagegen, dass eine kommerzielle Leihmutterschaft bereits beginne, wenn Kliniken und Rechtsanwälte beteiligt seien und Geld fließe. Im Prozess war die Rede von 10.000 Euro, die den beiden Leihmüttern gezahlt werden sollten. Das verletze die Würde von Frauen und könne von der Kirche nicht akzeptiert werden, sagte Goos. Sandmaier führte an, die Pläne für die Leihmutterschaft seien viel weiter gediehen, als Münden behaupte. Eine Reise nach Kolumbien habe bereits stattgefunden. „Die Frauen waren bereits ausgesucht, die Samenspenden hinterlegt.“

Momentan als Musiklehrer tätig

Richter Poltorak folgte der Argumentation der Landeskirche nicht, dass Münden das Ethos und die Werte der Kirche durch seinen Plan beschädigt habe. Dies könne allein deshalb nicht der Fall sein, weil er und sein Partner ihre Pläne noch gar nicht in die Tat umgesetzt haben. Es sei auch kein Vergehen, dass sich der Domkantor nicht komplett von seinem Vorhaben, verabschiedet habe, sondern für sich in Anspruch nehme, weiter darüber nachzudenken. „Die Meinungsfreiheit spricht zugunsten des Klägers“, sagte Poltorak.

Münden, der zurzeit am Gymnasium Fallersleben in Wolfsburg als Musiklehrer tätig ist, und die Landeskirche Braunschweig einigten sich darauf, dass ihm monatlich 1.400 Euro von der Landeskirche gezahlt werden. Das ist die Differenz zwischen dem, was er als Domkantor verdient hat, und dem, was er zurzeit verdient. Im Gegenzug verzichtet Münden bis zum Ende des Rechtsstreits darauf, als Kirchenmusiker in der Landeskirche weiterbeschäftigt zu werden.

Mit Verdienstorden ausgezeichnet

Münden arbeitet seit 1999 als Domkantor in Braunschweig und leitet Deutschlands größte Domsingschule mit rund 600 Kindern und Erwachsenen in 21 Chören. Überregional bekannt wurde der 56-Jährige für die Aktion „Klasse! Wir Singen“. Für das Schulprojekt wurde er 2011 mit dem niedersächsischen Verdienstorden ausgezeichnet. (epd)