Lebenshilfe: Existenz des Betreuungswesens wird bedroht
Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung haben oft einen Betreuer oder einen Vormund, der sie etwa bei Ämtergängen unterstützt. Deren Arbeit sieht die Lebenshilfe gefährdet, sollte eine Reform in Kraft treten.
Nach Einschätzung der Bundesvereinigung Lebenshilfe können Menschen mit geistiger Beeinträchtigung etwa bei Ämtern nicht mehr ausreichend vertreten werden, wenn eine geplante Reform des Justizministeriums in Kraft tritt. “Für ein selbstbestimmtes Leben brauchen Menschen mit geistiger Beeinträchtigung eine gute rechtliche Betreuung, die bei Entscheidungen dem Wunsch und Willen der betreuten Person folgt”, erklärte die Bundesvorsitzende der Lebenshilfe und frühere Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt am Donnerstag in Berlin. Der vorliegende Entwurf mache das unmöglich. Er müsse überarbeitet werden und dürfe so nicht in Kraft treten, fordert sie.
Laut Lebenshilfe führt der Gesetzentwurf in vielen Fällen nicht zur versprochenen Vergütungserhöhung von 12,7 Prozent. Stattdessen gebe es erhebliche Einbußen, vor allem wenn Betreuerinnen und Betreuer Menschen in ambulanten Wohnformen rechtlich betreuten, die mittellos seien. Da dies den Großteil der Betreuungsfälle von Betreuungsvereinen und Berufsbetreuern ausmache, sei zu befürchten, dass sie ihre Arbeit aufgeben. Das wiederum könnte dazu führen, dass die Betreuungsbehörden und damit letztlich die Kommunen als Ausfallbürgen einstehen müssten. Städte- und Landkreise müssten dann sowohl die Betreuungsführung als auch die Querschnittarbeit übernehmen. Dafür müsse Personal gewonnen und kostspielig qualifiziert werden.
Die Lebenshilfe kritisierte, dass der vorgelegte Referentenentwurf nicht die tatsächlichen Kostensteigerungen berücksichtige, veraltete Zahlen heranziehe und den gestiegenen Aufwand durch die Betreuungsrechtsreform von 2023 ignoriere. Der Entwurf stelle die Ziele der Reform auf den Kopf und trage dazu bei, die 1992 abgeschaffte Vormundschaft faktisch wieder herbeizuführen, so der Verband.