Leben für die Friedhöfe!

Die Bestattungskultur wandelt sich und mit ihr die Friedhöfe. Für Kirchengemeinden ist das wirtschaftliche Herausforderung, aber auch eine Chance.

Der Friedhof der Ratzeburger St.-Petri-Kirchengemeinde
Der Friedhof der Ratzeburger St.-Petri-KirchengemeindePrivat

Lauenburg/Herzhorn. Mit dem Herbst rückt für viele Menschen die Erinnerung an frühere Zeiten in den Fokus – und das Gedenken an Verwandte und Freunde, die gestorben sind. Am Sonntag, 18. September, findet dazu bundesweit der „Tag des Friedhofs“ statt. In Schleswig-Holstein beteiligen sich zwar nur vereinzelt Kirchengemeinden, etwa in Ratzeburg und in Herzhorn nahe der Elbe: Doch dort sorgen engagierte Mitwirkende mit Musik, Kino, Führungen und Infoständen dafür, den Friedhof erlebbar zu machen.

So lädt die Kirchengemeinde St. Petri in Ratzeburg am Sonntag, 18. September, zum Tag der offenen Tür auf den Friedhof ein. Mit dabei ist Bernd Jacob, Friedhofsbeauftragter des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg. „Friedhöfe sind Orte des Lebens, der Begegnung und der Kultur“, sagt er. Natürlich sei Trauer ein zentraler Punkt, doch es gehe auch um Erinnerung und Hoffnung. Und darum, allen Generationen, vom Kind bis zur 90-Jährigen, aufzuzeigen, was möglich sei. „Immer noch gibt es das herkömmliche Bild in den Köpfen vieler Menschen, lange Reihen von Gräbern in Normgrößen. Doch da tut sich seit Jahren sehr viel, weil die Bedürfnisse anders werden.“

Ein Grab unter Apfelbäumen

Auf die einzugehen, sei besonders wichtig, so Jacob. „Das sind vor allem individuelle Orte, zu denen die Menschen hingehen und an denen sie durchatmen können. Ein Rosen- oder Schmetterlingsgarten zum Beispiel sorgt für wunderbare Emotionen; das ist das, was Menschen heute hält.“ Gefragt seien Areale, an denen getrauert, aber nichts gepflegt werden müsse. Dazu zählten auch Sargbestattungen unter Bäumen, die mittlerweile auch auf kirchlichen Friedhöfen angeboten werden. Auf einer Anlage sei sogar ein Obstgarten entstanden, sodass die Menschen sich unter Apfelbäumen begraben lassen können – und ihre Angehörigen im Herbst Obst ernten. Jacob: „Es gibt viele neue Herangehensweisen – wir haben dazugelernt.“

Anja Nitz und Bernd Jacob vom Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg
Anja Nitz und Bernd Jacob vom Kirchenkreis Lübeck-LauenburgPrivat

Anja Nitz, im Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg für Kultur und Kirche zuständig, stellt sich zum Tag des Friedhofs die Frage: „Wie klingt eigentlich ein Friedhof?“ Sie möchte die kirchlich geführten Anlagen möglichst niedrigschwellig mit Kultur und Leben füllen und hat dazu, gemeinsam mit der St.-Petri-Gemeinde in Ratzeburg, ein Programm auf die Beine gestellt. So wird es nach einem Eröffnungsgottesdienst um 11 Uhr Auftritte von Bläserchören und einer Kirchen-Popband geben. Geplant ist auch ein musikalischer Auszug aus der Kapelle, „in New-Orleans-Manier“, so Nitz: mit getragenem Anfang der Brass-Musik, die dann stets schwungvoller gerate – „um zu zeigen: Wir sind am Leben!“ Außerdem bietet die Gemeinde Waffeln und Suppe an, Bestatter und Floristen präsentieren ihre Berufe. Abschluss und Reisesegen sind um 15.30 Uhr geplant.

Der Freundeskreis des Friedhofs Herzhorn im Kirchenkreis Rantzau-Münsterdorf lädt zum Tag des Friedhofs am 18. September um 14 Uhr zu einer Wildfruchtführung mit Marmeladenverkostung ein. Einen Tag zuvor wird in der Kapelle der Kinofilm „Harry & Maude“ um 19.30 Uhr gezeigt. Silke Grünberg verwaltet den Friedhof, sie sagt: „Für mich gehören der Tod und der Friedhof ins Leben.“ Ein Friedhof sei Ort der Kommunikation, und es sei wichtig, dass die Menschen mit ihm und über ihn mit Tod und Trauer vertraut würden, „bevor sie heulend vor einem stehen“.

„Entschleunigt mal!

Mit einem kleinen Team versucht sie, regelmäßig Aktionen anzubieten. Und fordert öfter die Passanten auf: „Setzt euch auf eine der Bänke und entschleunigt mal!“ Denn Friedhöfe seien besondere Orte – eben friedlich. Der Herzhorner ist nur 8000 Quadratmeter groß, dennoch gingen bis zu 30 Menschen täglich auf dem Areal, um den Duft der Rosen zu riechen und anderes mehr. Grünberg: „Mein Wunsch ist: Macht den Friedhof lebendig!“