Langlebigkeit ist kein Zufall: Wer früh auf Ernährung, Bewegung und Achtsamkeit achtet, kann das Altern verlangsamen. Ein neues Buch zeigt, wie einfach Veränderung sein kann.
Länger leben wollen viele – aber wer wünscht sich nicht vor allem, lange gesund zu bleiben? Darum geht es im neuen Buch “Einfach nicht altern? Die Wissenschaft der Langlebigkeit verständlich erklärt” von Jennifer Sieglar und Tim Schreder. Die beiden Journalisten haben sich in der weltweiten Langlebigkeitsforschung umgesehen und erklären wichtigsten Erkenntnisse verständlich. Ihr Befund: Altern ist kein starres Schicksal, sondern ein Prozess, den jede und jeder selbst beeinflussen kann.
Der Altersforscher Sebastian Gröncke erklärte den beiden Autoren, wer heute – mit 30 oder 40 Jahren – beginne, nach den wichtigsten Erkenntnissen der Langlebigkeitsforschung zu leben, habe gute Chancen, 100 Jahre oder älter zu werden, und das bei guter Gesundheit. Das ist eine gute Nachricht.
Gene sind nur ein kleiner Teil des Ganzen, haben Sieglar und Schreder herausgefunden. Sie verweisen auf Studien, deren Ergebnisse zeigen, dass Erbanlagen höchstens zu 20 bis 30 Prozent erklären, wie alt Menschen werden. Der Rest hänge vom individuellen Lebensstil ab. Anders gesagt: Ob man mit 70 gebrechlich sein wird oder mit 90 noch fit durchs Leben gehen kann, liegt zu einem nicht unerheblichen Teil daran, wie man in jungen Jahren isst, schläft, sich bewegt und mit Stress umgeht.
Im Zentrum des Buches steht die Unterscheidung zwischen “Lifespan” und “Healthspan”. Während “Lifespan” schlicht die Zahl der Lebensjahre beschreibt, meint “Healthspan” die gesunden Jahre, in denen man ohne gravierende Einschränkungen aktiv sein kann. Denn sehr alt zu werden, wenn die letzten zehn oder zwanzig Jahre von Krankheit geprägt sind, ist keine allzu schöne Vorstellung. Die eigentliche Kunst besteht nach Ansicht der Autoren also darin, die gesunde Lebensspanne zu verlängern.
Sieglar und Schreder haben wissenschaftliche Studien ausgewertet und Gespräche mit Forschenden geführt. Herausgekommen ist eine Art Baukasten der Langlebigkeit mit klaren Empfehlungen. Nicht alles davon müsse man übernehmen. Es helfe schon deutlich, wenn man Dinge bleiben ließe: Damit meinen sie zum einen das Rauchen. Das koste mehr als zehn Jahre Lebenserwartung, zitieren sie eine Studie. Zum Aufhören ist es nie zu spät, raten sie, denn so gewinne man noch gesunde Lebensjahre hinzu.
Alkohol gehört in den westlichen Ländern vielfach wie selbstverständlich zum guten Leben dazu. Doch nach Auswertung verschiedener Studien kommen Sieglar und Schreder zu dem Schluss, dass man den eigenen Umgang mit Alkohol stark hinterfragen solle. Zwar verkürzten Bier, Wein oder Cocktails das Leben nicht so sehr wie Zigaretten, aber gesundheitlich vertretbar seien vermutlich nicht mehr als zwei Gläser pro Woche.
Was Lebenserwartung und Gesundheit ebenfalls beeinträchtigt, ist Übergewicht. Die beiden Autoren beziehen sich auf Studien, nach denen bereits ein Gewichtsverlust von fünf bis zehn Prozent des eigenen Körpergewichts eine erhebliche Verbesserung der Gesundheitsdaten und eine Erhöhung der Lebenserwartung bedeutet.
Sieglar und Schreder haben festgestellt, dass sich in der Langlebigkeitsszene viele Menschen intensiv mit der Frage beschäftigen, welche Risiken sie in ihrem Leben konkret eingehen und welche nicht. So würden Sportarten hinterfragt, die zu Unfällen führen können. Oder das eigene Verhalten werde überdacht – etwa Handynutzung während der Autofahrt. Die Autoren unterstützen solch eine Vor- und Umsicht. Denn es könne sich durchaus lohnen, sich bereits früh im Leben etwas bewusster mit den täglichen Risiken zu beschäftigen – und aktiv darüber zu entscheiden.
Die gute Nachricht, die die beiden vermitteln wollen: Es geht nicht darum, alles perfekt zu machen. Schon kleine Veränderungen im Alltag summieren sich. Ein Abendspaziergang, ein Gemüsegericht mehr pro Woche, ein alkoholfreier Tag – das alles wirkt. Viele Maßnahmen steigern nicht nur die Wahrscheinlichkeit, länger zu leben, sondern auch die Lebensqualität im Hier und Jetzt.
Dennoch bleiben Fragen offen. Was bringen Nahrungsergänzungsmittel wirklich? Sind medizinische Eingriffe wie Blutplasma-Therapien eher Zukunftsmusik oder ernsthafte Optionen? Sieglar und Schreder gehen diese Themen nüchtern an, trennen seriöse Forschung von überzogenen Versprechen und verweisen immer wieder darauf: Die wichtigste Stellschraube kostet wenig und liegt bei jeder und jedem selbst – im eigenen Alltag.