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Landtagsabgeordnete wollen ins Kirchenparlament

Ein Kirchenparlament unmittelbar gewählt vom Kirchenvolk – das gibt es nur in der Evangelischen Landeskirche in Württemberg mit ihren 1,7 Millionen Mitgliedern. Während in allen anderen Landeskirchen in Deutschland zwischengeschaltete Gremien wie etwa Kirchenvorstände die Zusammensetzung der Landessynode bestimmen, gilt in Württemberg bis heute die Urwahl. Somit ist im Südwesten Wahlkampfzeit, denn der nächste Urnengang steht am 1. Advent (30. November) an.

Um die 90 Sitze in der Synode bewerben sich 63 Frauen und 96 Männer. Darunter sind zwei Landtagsabgeordnete, beides CDU-Mitglieder: Sabine Kurtz, Staatssekretärin im Landwirtschaftsministerium und stellvertretende Vorsitzende des Evangelischen Arbeitskreises der CDU in Baden-Württemberg, sowie Christian Gehring, religionspolitischer Sprecher seiner Fraktion.

Beide gehören dem theologisch konservativen Gesprächskreis „Lebendige Gemeinde“ an, für den insgesamt 53 Personen kandidieren. In früheren Synoden waren auch Landtagsabgeordnete anderer Parteien vertreten, etwa Brigitte Lösch (Grüne) und Florian Wahl (SPD). Zu den bekannteren Gesichtern unter den diesjährigen Kandidaten gehören Matthias Berg (Esslingen), ehemaliger Paralympic-Sportler, sowie die frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Annette Sawade (Schwäbisch Hall).

Für die theologisch liberale „Offene Kirche“ gehen 45 Kandidatinnen und Kandidaten ins Rennen, darunter Synodenpräsidentin Sabine Foth. Sie war vor sechs Jahren an die Spitze des Kirchenparlaments gewählt worden, weil ihr Gesprächskreis die meisten Sitze auf sich vereinen konnte. Dagegen tritt ihr Kollege Martin Plümicke aus Reutlingen – ein „Urgestein“ der Synode – nicht mehr an. Auch Pfarrer Johannes Eißler, Vizepräsident der noch amtierenden Landessynode, findet sich nicht mehr unter den Bewerbern, ebensowenig Steffen Kern, ehemals ein Sprecher der „Lebendigen Gemeinde“. Insgesamt stellt sich fast die Hälfte der Synodenmitglieder nicht mehr zur Wahl, 49 Personen kandidieren wieder.

Für den Gesprächskreis „Evangelium und Kirche“, der sich als theologische „Mitte“ versteht, sind 28 Frauen und Männer aufgestellt. Der reformorientierte Gesprächskreis „Kirche für morgen“ stellt 31 Kandidaten. Eine Pfarrerin wurde von einem Wahlbündnis aus „Evangelium und Kirche“ und „Offene Kirche“ aufgestellt, sie kandidiert unter der Rubrik „Kirche für alle“ im Wahlkreis Calw/Freudenstadt. Und Markus Münzenmeyer geht im Wahlkreis Esslingen ganz ohne Bindung an einen Gesprächskreis ins Rennen – er saß aber bereits früher in der Landessynode.

Laut Kirchenrecht besteht das Kirchenparlament aus 30 ordinierten Pfarrerinnen und Pfarrern sowie 60 sogenannten Laien. Doch auch unter den 103 Laienkandidaten verbirgt sich erhebliches theologisches Potenzial. Knapp 30 von ihnen stehen in kirchlichen Diensten – sei es als Diakon oder Bezirksreferentin – oder bereiten sich derzeit im Studium auf einen kirchlichen oder kirchenmusikalischen Dienst vor.

Der Blick auf den Familienstand verrät: 113 der 159 Kandidierenden geben verheiratet an, aber nur einer geschieden. 25 sind ledig, 20 machen keine Angaben. Bei der Kinderzahl liegt die derzeit stellvertretende Synodenpräsidentin Andrea Bleher („Lebendige Gemeinde“) vorn, sie hat siebenmal Nachwuchs bekommen. Elf Personen tragen einen Doktortitel, fünf einen Professorentitel, zwei weitere sind habilitiert.

Am entspanntesten dürfte die Wahl der Theologieprofessor Christian Witt angehen. Er wird von der Evangelisch-theologischen Fakultät der Universität Tübingen in die Synode entsandt und hat dort einen festen 91. Platz – egal, wie die Stimmenergebnisse am 1. Advent aussehen. (2804/05.11.2025)