Landesbischöfin dankt DDR-Bürgern für ihren Mut

Kiel richtet in diesem Jahr die Feier zum 3. Oktober aus. Die Spitzen des deutschen Staates kommen zu einem Gottesdienst in der Nikolaikirche zusammen, unter dem Motto „Gottes Kraft erneuert“.

Spitzen von Staat und Gesellschaft feiern einen ökumenischen Gottesdienst in der Kieler Nikolaikirche
Spitzen von Staat und Gesellschaft feiern einen ökumenischen Gottesdienst in der Kieler NikolaikircheRalf Adloff /epd

Kiel . Mit einem ökumenischen Gottesdienst hat in der Kieler Stadtkirche St. Nikolai die zentrale Feier zum Tag der Deutschen Einheit begonnen. Die Landesbischöfin der Nordkirche, Kristina Kühnbaum-Schmidt, erinnerte in ihrer Predigt an die Menschen in der DDR, die 1989 mit Mut und Gottvertrauen in eine noch unbekannte Freiheit aufgebrochen seien. Sie hätten sich von der Staatsmacht nicht schrecken und von Hohn und Spott nicht beirren lassen. Der Feiertag biete aber auch Gelegenheit, „die Wünsche nach Erneuerung aufzunehmen, die uns heute bewegen“.

Nach den Worten des katholischen Erzbischofs Stefan Heße ist derzeit eine Zeit der Heilung, des Reifens und der Erneuerung im Gange. Heße erinnerte daran, dass sowohl die 2012 gegründete Nordkirche als auch das 1995 gegründete Erzbistum Landstriche in Ost- und Westdeutschland umfassen. Der Tag der Deutschen Einheit liege nahe am Erntedankfest. Er sei dankbar dafür, was sich vor 30 Jahren in Deutschland ereignet habe und was Jahr für Jahr wächst.

An dem Festgottesdienst unter dem Leitwort „Gottes Kraft erneuert“ nahmen die Spitzen der deutschen Verfassungsorgane teil: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundesratspräsident Daniel Günther (CDU), Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) und Bundesverfassungsgerichtspräsident Andreas Voßkuhle sowie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und mehrere Ministerpräsidenten. Sie hatten sich zuvor in das Goldene Buch der Stadt Kiel eingetragen.

Rund eine Million Menschen werden zum Bürgerfest in Kiel erwartet. Bundeskanzlerin Merkel wird am Mittag die Festrede in der Sparkassen-Arena halten. Eröffnet wurde das Bürgerfest bereits am Mittwoch an der Kieler Förde mit einem Drachenbootrennen. Herzstück des Bürgerfestes ist die Kiellinie am Fördeufer, auf der sich die 16 Bundesländer vorstellen. Am Ostseekai informieren Bundesregierung, Bundestag, Bundesrat und Bundesverfassungsgericht über ihre Arbeit.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat sich zum Tag der Deutschen Einheit zuversichtlich geäußert, dass in den nächsten zehn Jahren die Strukturunterschiede zwischen Ost und West beseitigt werden. „Wir gehen von einem Jahrzehnt aus, bis wir gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Deutschland haben. Das gilt nicht nur für die neuen Bundesländer, sondern auch für strukturschwache Regionen in anderen Teilen Deutschlands“, sagte er der „Bild am Sonntag“.

„Es tut sich etwas“

Seehofer würdigte den Beitrag der Ostdeutschen zum Mauerfall 1989: „Vor dem Mut der Ostdeutschen verneige ich mich! Wir verdanken den Mauerfall diesen Menschen, die bei der friedlichen Revolution eine riesige Courage bewiesen haben.“ Durch die Überwindung der deutschen Teilung könnten heute alle Deutschen in Freiheit in einem geeinten Europa leben.

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) sagte, man habe 1990 sicher nicht alles richtig gemacht. In der damaligen Situation aber habe es keine Alternative gegeben. Die meisten Ostdeutschen hätten den schnellen Beitritt gewollt. Den Einigungsvertrag, den Schäuble vor fast 30 Jahren mitverfasst hat, bezeichnete er als „die beste Form, in der wir die Einigung vollziehen konnten“.

Dem ARD-Hauptstadtstudio sagte Schäuble, er könne verstehen, dass sich Ostdeutsche manchmal benachteiligt fühlten. In Ost- und Westdeutschland ähnliche wirtschaftliche Voraussetzungen zu schaffen, das „braucht länger, als wir damals geglaubt haben“. Aber es tue sich etwas. Wenn jetzt durch die Diskussion das Bewusstsein für Missstände, Fehler und Versäumnisse da sei, dann berge das auch die Chance, dass etwas passiere. (epd)