Kreuzweg: Bischöfin Fehrs erinnert an Sehnsucht nach Leben

In einem Film zum Kreuzweg spricht die Theologin von begrabenen Träumen und bedrohten Existenzen. Ministerpräsident Günther betont die Werte der vier Lübecker Märtyrer.

Bischöfin Kirsten Fehrs nimmt ihre Rede auf
Bischöfin Kirsten Fehrs nimmt ihre Rede aufMarco Heinen / Nordkirche

Lübeck. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hat auf dem traditionellen Lübecker Kreuzweg an Karfreitag an die vier Lübecker Märtyrer erinnert. Sie hätten zu ihren Werten gestanden, obwohl sie mit dem Tod bedroht gewesen seien, sagte Günther vor dem Burgtor, wo die Geistlichen inhaftiert waren. Auch heute seien Menschen „auf viel kleinerer Ebene“ Prüfungen ausgesetzt, wenn Menschen angegriffen, Schwächere unter Druck gesetzt und Menschenrechte nicht geachtet werden. Der Kreuzweg durch die Lübecker Altstadt wurde wegen der Pandemie in diesem Jahr als Film gezeigt.

Nach den Worten von Bischöfin Kirsten Fehrs ist die Gegenwart bestimmt von einem „Stillstand mit aufwühlenden Gefühlen“. „Es steigt die Wut und Ungeduld derer, die den Druck nicht mehr aushalten, und es steigt die Angst, was wird.“ Der Karfreitag in diesem Jahr sei auch ein Ausdruck der Trauer über die vielen Verstorbenen, die begrabenen Träume und die bedrohten Existenzen. Zu Karfreitag gehöre aber auch die Sehnsucht nach Leben und einer besseren Welt.

Das „Kreuz der Bedrückten“

Der frühere Ministerpräsident Björn Engholm (SPD) forderte, aufzustehen und zu handeln, „wo Ungerechtigkeit, Missgunst, Achtlosigkeit und Hass herrschen“. Es gehe darum, das „Kreuz der Bedrückten“ zu tragen. Für den katholischen Lübecker Propst Christoph Giering ist der Kreuzweg auch ein Zeichen der Kirchen gegen Gewalt. Die Stadt müsse die Aufmerksamkeit mehr auf die Opfer lenken und sie besser schützen.

Der Lübecker Kreuzweg wurde 1493 auf Wunsch des Kaufmanns Hinrich Konstin angelegt und gilt damit als der älteste in Deutschland. Er erinnert mit seinen fünf Stationen an den Leidensweg Jesu von der Verurteilung durch Pontius Pilatus bis zu seiner Kreuzigung. Nach der Reformation geriet der Kreuzweg in Vergessenheit und wurde erst 1994 von dem katholischen Propst Helmut Siepenkort wiederentdeckt und belebt. Seit 2002 gehen ihn katholische und evangelische Christen gemeinsam. In den Vorjahren wurden mehr als 700 Teilnehmer gezählt.

Die Lübecker Märtyrer sind die drei katholischen Kapläne Johannes Prassek, Hermann Lange und Eduard Müller sowie der evangelische Pastor Karl Friedrich Stellbrink. Sie wurden am 10. November 1943 hingerichtet, nachdem sie in Predigten und Gesprächen die Verbrechen des Nationalsozialismus angeprangert hatten. Die Kapläne wurden am 25. Juni 2011 seliggesprochen und Stellbrink zugleich geehrt. (epd)