Es war das Hauskloster des Kaisergeschlechts der Staufer: das Benediktinerkloster Lorch in Baden-Württemberg. Nun besuchte der Ministerpräsident das mit sakraler Kunst reich ausgestattete Gebäude.
Zu Beginn der Klosterführung stand ein Versprechen an Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne): “Freuen Sie sich auf einen Rundgang durch Raum und Zeit”, sagte ein Vertreter der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg. Der 77-jährige Regierungschef hat sich nach eigenen Worten zum Ende seiner Amtszeit die Aufgabe gesetzt, dazu beizutragen, “sakrale Kunst zu bewahren”.
Am Freitag führte ihn sein Weg ins – säkularisierte – Kloster Lorch. “Ich bin zum ersten Mal hier, auch wenn das kaum zu glauben ist”, sagte Kretschmann. “Aber ich hab’ es noch geschafft!” Er nahm an einer öffentlichen und von Medien begleiteten Führung im ehemaligen Hauskloster der Staufer teil.
Vor mehr als 900 Jahren hatte das Kaisergeschlecht der Staufer das romanische Kloster gegründet – auf einem Berg über dem Tal der Rems. Die adelige Familie stattete das Benediktinerkloster reichhaltig aus, insbesondere mit sakraler Kunst. Gegründet wurde das Kloster um 1102 als Grablege der Staufer. Diese Bedeutung verlor Lorch, als die Staufer Mitte des 12. Jahrhunderts den Schwerpunkt ihrer Herrschaft nach Süditalien verlegten.
Lange nachdem die Dynastie erloschen war, im späten Mittelalter, erlebte das Kloster nochmals eine Blütezeit. Damals bekam die Kirche spätgotische Rippengewölbe und wurde mit prächtigen Altären ausgestattet. Der Kreuzgang wurde neu eingewölbt. Die Blüte kam kurz vor dem Ende des Klosters: Im 16. Jahrhundert führte der Herzog von Württemberg die Reformation ein – Klöster wurden aufgelöst. Lorch wurde evangelisch. 1806 wurde Kloster Lorch schließlich säkularisiert. Heute befindet sich etwa ein Pflegeheim auf dem Gelände.
Säkularisierung – eine Tendenz, die Kretschmann auch in der Gegenwart sieht, und zwar massiv. Das Christentum verliert nach seiner Einschätzung in Deutschland zunehmend an Bedeutung. “Wir erleben einen enormen Säkularisierungs- und Entchristlichungsschub”, sagte Kretschmann am Ende der Führung vor Medienvertretern und Bürgern, die ebenfalls an dem Rundgang teilgenommen hatten.
Als er sein Amt als Ministerpräsident begonnen habe, seien noch rund 70 Prozent der Bevölkerung christlich gewesen. “Heute sind die Konfessionslosen schon fast die Mehrheit”, sagte der Katholik. Kretschmann regiert seit 2011.
Auf die Frage, wie man den Entchristlichungsschub bremsen könne, sagte Kretschmann am Rande der Klosterführung der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): “Wenn ich das wüsste – dann wäre ich der Hero der Kirche” (Held der Kirche). Diese müsse aber “neu lernen zu missionieren, und dies in einer Gesellschaft mit immer weniger Christinnen und Christen”, betonte Kretschmann.
Kretschmann bekam bei der Führung die auf dem Grundriss eines Kreuzes errichtete Klosterkirche gezeigt, in der ihn gregorianische Gesänge der “Schola Cantorum Lorchensis” empfingen. Der Ministerpräsident wurde ins riesige Stauferrundbild geführt – wo er ernst auf die Darstellung des Todes von Friedrich I., genannt Barbarossa, blickte – dem ersten Staufer auf dem Kaiserthron.
Kretschmann sah im Refektorium – also dem früheren Speisesaal der Mönche – jahrhundertealte christliche Wandmalereien. Am Nachmittag stand für den Ministerpräsidenten noch die Besichtigung eines weiteren Klosters an: des Klosters Zwiefalten und der Münsterkirche. “Hier war ich mal Ministrant”, verriet Kretschmann.
In Zwiefalten sollten mit dem “Barock-Influencer” Constantin Pelka Aufnahmen mit Kretschmann für Social-Media-Beiträge gemacht werden. Für den Regierungschef also tatsächlich eine Reise durch Raum und Zeit.