Artikel teilen:

Koalition für härtere Bürgergeld-Regeln – Kritik von Sozialverbänden

Das Bürgergeld soll der Vergangenheit angehören, so Kanzler Merz. Für Sozialhilfeempfänger heißt das: Versäumen sie Termine bei der Arbeitsagentur, müssen sie mit Kürzung oder gar Streichung ihrer Leistungen rechnen.

Sozialhilfeempfänger müssen künftig mit deutlich härteren Sanktionen rechnen. Erscheinen diese etwa nicht zum verabredeten Termin in der Arbeitsagentur, müssen sie mit Kürzungen und bei weiteren Versäumnissen sogar mit einer vorübergehenden Streichung von Bezügen rechnen, heißt es in dem am Donnerstag veröffentlichten Beschlusspapier der Koalition. Kritik an den Reformen kommt von Sozialverbänden.

Auch der Name für die Bezüge von Sozialhilfe ändert sich. Das Bürgergeld solle der Vergangenheit angehören, so Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU). Künftig würden Arbeitslose oder einkommensschwache Menschen eine Grundsicherung erhalten. Weiter habe sich die Koalition darauf verständigt, dass es bei der Vermögensanrechnung keine Karenzzeit mehr gebe. Auch solle künftig der Vermittlungsvorrang gelten, Arbeitssuchende müssten dann auch eine Beschäftigung annehmen, die schlechter bezahlt sei.

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) betonte, psychisch kranke Menschen oder Menschen mit anderen Beeinträchtigungen seien von Sanktionen ausgenommen. Weiter erklärte sie, dass auch gegen Schwarzarbeit und damit gegen Sozialleistungsmissbrauch stärker vorgegangen werden solle. Grundsätzliches Ziel der Reform sei es, mehr Menschen in Arbeit zu bringen. Nur dann seien auch größere Einsparungen möglich. Bas betonte, der bereits bestehende Referentenentwurf zur Reform des Bürgergelds solle den Beschlüssen des Koalitionsausschusses angepasst und zügig beschlossen werden.

Das Bürgergeld wurde 2023 unter der Ampel-Regierung eingeführt. Damit wurden die bis dahin geltenden Hartz-IV-Regelungen abgelöst. Bereits im Koalitionsvertrag verständigten sich Union und SPD auf eine Reform des Bürgergelds.

Aktuell beziehen rund vier Millionen Menschen im erwerbsfähigen Alter die Sozialhilfe, etwa 800.000 stocken ihr geringes Einkommen damit auf. Zusätzlich gibt es etwa 1,4 Millionen nicht erwerbsfähige Empfänger, darunter Kinder und Jugendliche und gesundheitlich eingeschränkte Menschen. Etwas mehr als die Hälfte der Bezieher sind deutsche Staatsbürger. Unter den Empfängern mit ausländischem Pass stammte der größte Anteil mit rund 700.000 aus der Ukraine.

Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch betonte, es sei richtig, die Mitwirkung von Menschen einzufordern, die Grundsicherung beziehen. Pflichtverletzungen müssen Konsequenzen haben – dafür reichten jedoch die bestehenden Regelungen aus. Kritisch sei auch, wenn das Verhalten Einzelner negative Folgen für die gesamte Bedarfsgemeinschaft habe, sagte Schuch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Der Paritätische Gesamtverband sprach von einem “Bürokratie-Monster”, dass die Koalition durch die Reformen schaffe. Zugleich würden Millionen Arbeitsuchende unter Generalverdacht gestellt. Das sei maßlos und kontraproduktiv.

Der Sozialverband VdK meinte, es sei zu befürchten, dass die neuen Sanktionen wenig hilfreichen Druck auf viele Menschen ausüben würden, nicht nur auf diejenigen in der neuen Grundsicherung, sondern auch auf Arbeitnehmer mit kleinen Einkommen, die aufgrund von Stellenabbau ihren Job verlören. Zusätzliche Qualifizierungsangebote für Jüngere und Langzeitarbeitslose könnten neue Chancen sein, müssten aber “echte Lösungen” für bestehende Integrationshemmnisse anbieten.