Klimagesetz-Reform: Grüne verlangen Klarstellung vom Kanzler

Vor einem Monat haben sich die Ampel-Parteien darauf geeinigt, das Klimaschutzgesetz zu überarbeiten. Doch es verliert schon jetzt an Bedeutung – und den Grünen wird es mulmig.

Um das Klimaschutzgesetz streitet sich die Ampel
Um das Klimaschutzgesetz streitet sich die AmpelImago / Rainer Weisflog

Im Konflikt um die Einhaltung der Vorgaben aus dem Klimaschutzgesetz bestehen die Grünen darauf, dass Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) ein Sofortprogramm vorlegen muss. Der Parteivorsitzende Omid Nouripour sagte in der Sendung „Frühstart“ von RTL/ntv, man sei zwar gerade dabei, das Klimaschutzgesetz zu überarbeiten, aber: „Bis dahin gilt das bisherige Gesetz.“ Danach muss Wissing bis Mitte Juli seine Vorhaben zur Senkung von CO2-Emissionen nachbessern, weil die Klimaziele 2022 im Verkehr erneut verfehlt worden sind.

Nouripour widersprach damit der Darstellung des Kanzleramts, wonach es inzwischen eine andere Beschlusslage gebe. Weil das Klimagesetz geändert werde, müsse Wissing den nach geltendem Recht erforderlichen Maßnahmenplan nicht mehr vorlegen, hatte der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner in Berlin auf Nachfrage bestätigt.

„Und es gilt für alle“

Die Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP haben sich im Koalitionsausschuss vom März darauf verständigt, das Klimaschutzgesetz zu überarbeiten. Ein Entwurf wurde noch für April in Aussicht gestellt. Das Gesetz muss vom Bundestag beschlossen werden. Es ist derzeit offen, wann die Novelle in Kraft treten wird.

Die Fraktions-Chefin der Grünen, Katharina Dröge, forderte eine Klarstellung des Bundeskanzleramtes. „Das Klimaschutzgesetz gilt“, sagte Dröge: „Und es gilt für alle.“ Sie sei sich sicher, dass auch der Sprecher des Kanzlers nichts anderes habe sagen wollen. Es verunsichere die Menschen, „wenn fälschlicherweise der Eindruck entsteht, dass eine Regierung sich nicht an ihre eigenen Gesetze halten möchte“, sagte Dröge. Zu den Plänen der Ampel versicherte sie, es werde auch in Zukunft so sein, dass die Ministerien in der Pflicht seien, weitere Maßnahmen zu ergreifen, wenn die Klimaziele in ihrem Sektor nicht erreicht werden.

Expertenrat warnt

Anlass für die Unruhe bei den Grünen sind auch die Warnungen des Expertenrats für Klimafragen. Die Wissenschaftler hatten in ihrem Prüfbericht bestätigt, dass die klimaschädlichen Emissionen in Deutschland 2022 zwar insgesamt um knapp zwei Prozent gesunken sind, die für 2030 angestrebte Minderung der Treibhausgase um 65 Prozent gegenüber 1990 aber scheitern werde, wenn es so langsam weitergehe wie bisher. Für das Erreichen der Klimaziele sei von zentraler Bedeutung, dass die jährlichen Ziele erreicht würden, hatte der Expertenrat erklärt und vor einer Verwässerung des Klimaschutzgesetzes gewarnt.

Im Verkehr wurden 2022 mit insgesamt 148 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten neun Millionen Tonnen mehr ausgestoßen als gesetzlich festgelegt. Die Emissionen sind gegenüber 2021 gestiegen, statt gesunken. Auch der Gebäudesektor verfehlte sein Ziel beim Verbrauch von Heizenergie.

Höhere Emissionen

Bislang müssen nach dem Klimagesetz alle Sektoren – etwa Industrie, Wohnen und Verkehr – festgelegte Ziele bei der Minderung des CO2-Ausstoßes erfüllen. Die Spitzen von SPD, Grünen und FDP haben sich auf eine Änderung des Klimaschutzgesetzes verständigt, die diesen Mechanismus infrage stellt. Im Beschluss des Koalitionsausschusses heißt es, dass künftig „anhand einer sektorübergreifenden und mehrjährigen Gesamtrechnung“ die Einhaltung der Klimaschutzziele überprüft werden soll.

Es soll damit möglich werden, dass Sektoren, in denen mehr eingespart wird, höhere Emissionen anderswo ausgleichen können. Der Expertenrat für Klimafragen geht hingegen davon aus, dass alle Sektoren weiter zu viel klimaschädliche Gase produzieren und es deshalb auf dem Weg zur Klimaneutralität keine wechselseitigen Kompensationsmöglichkeiten gibt.